Proteste gegen Möllemann
Immerhin ein Anfang Die
bisherige Diskussion und Kritik um die antisemitischen Äußerungen des
Jürgen W. Möllemann, seines Zeichens Parteivize der FDP, hatte
weitestgehend wenig Folgen für den liberalen Demagogen.
Bisher war es vor allem dem Zentralrat der Juden überlassen klar zu
stellen, dass es keine Diskussionen mit dem Rechtspopulisten Möllemann
geben kann. Am Mittwoch vergangener Woche regten sich auch erste
Proteste bei einem öffentlichen Auftritt des umstrittenen
FDP-Politikers. Rund 100 Personen störten in Hamburg eine Veranstaltung
bei der Möllemann in seiner Funktion als innenpolitischer Sprecher der
Liberalen ein Referat zu Sicherheitsfragen halten wollte.
Die Protestierenden hielten Plakate mit der Aufschrift "Möllemann
Antisemit" hoch und machten sich durch ein Pfeifkonzert lautstark
bemerkbar. Die Hamburger Polizei schritt massiv gegen die Demonstranten
ein, drängte sie aus dem Saal und nahm von Einzelnen die Personalien
auf. Bei der Eröffnung des
Wahlkampfs der nordrhein-westfälischen FDP am letzten Sonntag in
Düsseldorf demonstrierten junge Mitglieder der dortigen jüdischen
Gemeinde gegen den Auftritt Jürgen Möllemanns. Am Beginn der geplanten
Rede Möllemanns stürmten die jugendlichen Gemeindemitglieder zum
Rednerpult. Sie forderten den Rücktritt des Politikers und bezeichneten
ihn auf Plakaten als Antisemiten.
IG Bau schließt Möllemann aus
Ob der jüngste Ausschluss des FDP-Politikers aus der
Industriegewerkschaft Bau im Zusammenhang mit dessen judenfeindlichen
Verlautbarungen steht, wurde von der Gewerkschaft weder bestätigt, noch
ausdrücklich dementiert. Ein
Sprecher der IG Bau nannte als Ausschlußgrund einen Satzungsverstoß. Als
Inhaber mindestens eines Unternehmens sei Möllemann in einer
Arbeitgeberfunktion und man habe sich im gegenseitigem Einvernehmen
getrennt. Die Boulevardzeitung 'Bild' berichtete am vergangenen
Mittwoch, Gewerkschaftsmitglieder hätten sich in großer Zahl über die
antisemitische Haltung des Liberalen empört.
Gleichzeitig kommt es zu Austritten von SPD-Mitgliedern aus der
Deutsch-Arabischen-Gesellschaft (DAG), deren Präsident Jürgen Möllemann
ist. So trat der SPD-Bundestagsabgeordnete Christoph Moosbauer von
seinem Amt als Vizepräsident der Gesellschaft zurück. Wie die
Süddeutsche Zeitung berichtete war Moosbauer im April während einer
Mitgliederversammlung aufgefordert worden sein Amt als Vizepräsident
ruhen zu lassen, weil er sich mit Israel solidarisiert hatte. Auch der
Staatsminister im Auswärtigen Amt Christoph Zöpel und der ehemalige
sozialdemokratische Nahost-Experte Hans-Jürgen Wischnewski kündigten
ihre Mitgliedschaft in der DAG.
Öffentlicher Auftritt in Rostock
Ausgerechnet für Möllemanns Auftritt in der Hansestadt Rostock wirbt die
FDP derzeit auf ihrer Internetseite. Das für den 20. Juni geplante 14.
Innenpolitische Forum im Kongressgebäude des Technologiezentrum
Warnemünde (TZW) beschäftigt sich mit dem Thema "Nachwuchsförderung und
Leistungssport in der DDR und heute".
Ob es für die Stadt Rostock, die Anfang der 90er Jahre wegen
pogromartiger rassistischer Ausschreitungen von Neonazis und Teilen der
Rostocker Bürger traurige Bekanntheit erlangte, ein Aushängeschild ist,
derzeit eine Veranstaltung mit einem antisemitischen Politiker
durchzuführen ist der Diskussion wert.
Auch die geladenen Sportler wie der Olympiasieger im Zehnkampf,
Christian Schenk oder Jörn Borowski, olympischer Silbermedaillengewinner
im Segeln, könnten sich Fragen, ob öffentliche Auftritte mit Jürgen
Möllemann nicht wenigstens ihrem sportlichen Ethos zuwiderlaufen.
hagalil.com 17-06-02 |