Dokumentation
AUFRUF zum
antirassistischen Aktionstag am 5. Juli 2002 in Berlin
Flüchtlinge in der BRD sind vielfältigen gesetzlichen Einschränkungen
unterworfen. Sie dürfen nicht arbeiten gehen und bekommen ihre Hilfe zum
Lebensunterhalt vorrangig in Form von Sachleistungen ausgezahlt. Sie
werden in großen Sammelunterkünften untergebracht und dürfen ihren
zugewiesenen Landkreis nicht verlassen (Residenzpflicht).
Berlin und Brandenburg spielen mal wieder eine Vorreiterrolle in Sachen
staatlicher Rassismus. Hier werden die Leistungen in Form von
diskriminierenden Chipkarten ausgezahlt, die nur in sehr wenigen teuren
Läden gelten. Als die Koalitionsvereinbarungen der Berliner rot-rote
Regierung bekannt wurden, sah es so aus, als ob es wenigstens einige
Verbesserungen in der Flüchtlingspolitik geben würde. Doch leider sieht
die Realität ganz anders aus und deshalb demonstrieren wir gegen die
rassistische Politik der rot-roten Regierung, speziell gegen die
verantwortliche Sozialsenatorin Frau Knake-Werner (PDS).
Aktuell plant die Sozialverwaltung AsylbewerberInnen und
Bürgerkriegsflüchtlinge in leer stehenden und vom Abriss bedrohten
Plattenbauten in Ostbezirken unterzubringen. Die PDS-Senatorin Heidi
Knake-Werner will damit einen unter der großen Koalition gefassten
Beschluss umsetzen. Dies stellt zwar augenscheinlich eine Verbesserung
zur Wohnheimunterbringung dar, ist aber wieder nur ein Schritt in die
Verfestigung einer lange währenden Stigmatisierung von Flüchtlingen.
Die Unterbringung in gänzlich leer stehenden Gebäuden erschwert die
Integration und führt zu einer Ghettoisierung in den städtischen
Randbezirken. Wieder werden Flüchtlinge ausgegrenzt und zur Erhaltung
von Bausubstanz der hochverschuldeten Wohnungsbaugesellschaften benutzt.
Vom Staat ausgenutzt, von der Bevölkerung isoliert und vor Naziangriffen
ungeschützt, sollen Flüchtlinge in Berlin an den Rand gedrängt werden.
Das Chipkartensytem wird weiter in Berlin und Brandenburg praktiziert.
Das System diskriminiert Flüchtlinge, weil es ihnen vorschreibt, zu
welcher Zeit, in welchen Geschäften und zu welchem Preis sie ihre
Lebensmittel kaufen müssen. Gleichzeitig kann kein Bargeld gespart
werden für so wichtige Dinge wie AnwältInnenkosten oder ähnliches.
Wer einmal mit Flüchtlingen einkaufen war, kennt die nicht selten
vorkommenden rassistischen Beschimpfungen der KassiererInnen,
FilialleiterInnen und Mitmenschen. Doch die Verlängerung des Vertrages
durch die Sozialsenatorin Knake-Werner mit der Firma SODEXHO/PASS
verhindert, dass Flüchtlinge in Zukunft Bargeld bekommen und in
Billigketten, die keine Chipkarten akzeptieren, einkaufen gehen können.
Auf Grund dieser Politik verdienen Firmen wie SODEXHO/PASS und ACCOR
Millionen mit ihrem schmutzigen Geschäft.
Die Abschiebehaft ist die unmenschlichste Maßnahme in der Kette der
vielen rassistischen Sondergesetze. Trotz der bereits im September 2001
beschlossenen kleinen »Verbesserungen« (keine Haft für Schwangere und
Minderjährige, Trennwände in den Duschen) wurde bis heute keine einzige
realisiert.
In den Abschiebeknästen Berlins und Brandenburgs in Grünau, Köpenik und
Eisenhüttenstadt sind zur Zeit weit über 500 Menschen inhaftiert. Diese
Menschen haben nichts weiter verbrochen, als dass sie in die BRD
geflohen sind. Neben der ursprünglichen Funktion, der Vorbereitung der
Abschiebung, wird die Abschiebehaft weiterhin als rechtsfreie
Passbeschaffungs - oder Beugehaft benutzt.
So ist es Realität in der BRD, dass Menschen, ohne ein Verbrechen
begangen zu haben und ohne verurteilt geworden zu sein, mehrere Monate
eingesperrt werden.
Diese Beispiele
zeigen, dass die PDS mit ihrem antirassistischen Anstrich nur die
Absicht hatte, sich wahlpolitisch zu verkaufen. Neben der Zustimmung zu
dem rassistischen Zuwanderungsgesetz ist die geplante Unterbringung von
Flüchtlingen in alten Plattenbauten und die
damit verbundene Ghettoisierung blanker Zynismus in Bezug auf die
angekündigte Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen.
Die PDS hat sich mit dieser Politik endgültig ins »rassistische Abseits«
manövriert und bekommt dafür von uns die »Antirassistische
rote Karte« verliehen. Denn gemessen wird die Politik der PDS
nicht an ihren Versprechungen, sondern an den realen Veränderungen, und
die bedeuten leider nichts Gutes für in der BRD lebende Flüchtlinge.
Deshalb rufen wir auf zum antirassistischen Aktionstag am 5. Juli 2002!
Morgens um 11:00 Uhr vor dem Sitz der Sozialverwaltung in der
Oranienstr. 106 wollen wir der Sozialsenatorin Frau Knake-Werner die
»Antirassistische Rote Karte« verleihen. Kommt alle, um der Senatorin zu
zeigen, dass wir uns von ihr nicht verarschen lassen.
Für 16:30 Uhr rufen wir zu einer großen, bunten und lauten Demo auf, um
den HERRschenden in Berlin zu zeigen: So nicht! Wir werden unseren
Protest laut und stark auf die Straßen tragen und für gleiche Rechte für
alle demonstrieren! Kommt alle und zahlreich! Treffpunkt 16:30 vor der
HU Unter den Linden, Abschlusskonzert auf dem Heinrichplatz in
Kreuzberg.
Auf dem Heinrichplatz werden wir noch einmal unsere Wut über die
rassistische Behandlung von MigrantInnen kundtun, wir werden musikalisch
unterstützt von den Bands »Flexicute« (Berlin), »Kommando Victor Zoy«
(Potsdam) und....Natürlich gibt es auch ein paar gute Reden und leckeres
Essen.
Unsere Forderungen:
• Abschaffung des
Asylbewerberleistungsgesetzes • Weg mit der Residenzpflicht • Schließung
der Abschiebeknäste • Freilassung aller dort Inhaftierten • Abschaffung
aller anderen Sondergesetze für MigrantInnen und Flüchtlinge •
Der
antirassistische Aktionstag wird unterstützt von: AGIP, AIM, ARI,
AUTOPOOL, Initiative gegen Abschiebehaft, Initiative gegen das
Chipkartensysten, JungdemokrantInnen/Junge Linke, Kommite zur
Unterstützung der politischen Gefangene im Iran/Berlin, Prof. W.-D. Narr
hagalil.com 20-06-02 |