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Judentum und Israel
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Kommentar

Haiderisiert die FDP?

Im Zuge des aktuellen Falles der antisemitischen Äußerungen des Parteivize der Liberalen und der nur halb verhinderten Aufnahme von Jamal Karsli in die Partei, könnte der Verdacht aufkommen, die FDP würde sich zu einer Art deutschen FPÖ entwickeln. Um es vorauszuschicken, der Autor dieser Zeilen teilt solche Befürchtungen nicht.

Stets aufs Neue versuchten in der Geschichte der Bundesrepublik Rechtsextreme und Neonazis Wahlerfolge zu erzielen, in den Bundestag einzuziehen oder sogenannte etablierte Parteien zu unterwandern. Bisher verfehlten sie dieses Ziel in schöner Regelmäßigkeit, wenn auch manchmal nur knapp, wie im Falle der NPD in den 60ern. Aufgegeben haben sie es deshalb nicht. Für das parlamentarische Scheitern der extremen Rechten gibt es eine Vielzahl von Gründen. Einige davon sind gewissermaßen hausgemacht: Zum einen fehlt es  dem rechten Lager in der Regel an charismatischen Führungsfiguren vom Schlage eines Haider oder Berlusconi.

Auf der anderen Seite zerstritten sich die Protagonisten eines modernisierten Rechtsextremismus spätestens dann heillos, wenn für sie mögliche Erfolge am Horizont greifbar wurden. Vor allem die Republikaner oder die DVU lähmten sich in der Vergangenheit immer wieder mit Parteiskandalen, Unterschlagungen und dem Problem, dass sich allzu viele gern in der phantasierten Rolle von rechtspopulistischen Führern gesehen hätten. Nicht viel anders steht es beim offen nationalsozialistischen Flügel der deutschen Rechten.

Des weiteren war bisher das Tabu der Wählbarkeit von rechtsextremen Parteien in der Vergangenheit äußerst wirkungsmächtig, weshalb viele überzeugte Rechtsextreme und Neonazis es vorzogen etablierte Parteien zu wählen, da diese in der Regel, zwar abgeschwächt, auch rassistische und ausgrenzende Positionen vertraten oder diese integrieren können. Vor allem die CDU/CSU ließ auch mit offen rassistisch geführten Wahlkämpfen und Diskursen rechts neben sich keine Partei erstarken.

Und genau an dieser Stelle liegen denn auch, nur scheinbar widersprüchlich die Erfolge des nationalistischen Lagers. Um den Preis der immer wieder neuen Integration rechter Wählerschichten rückten die großen Parteien und hierzu zählt in diesem Fall auch die FDP immer politisch immer weiter nach rechts. Ein Meilenstein in dieser Entwicklung war der Diskurs um die Veränderung des Asylrechts, der letztendlich auf eine fast faktische Abschaffung desselben hinauslief und die pogromartigen Angriffe und Brandanschläge auf Asylbewerberheime initiierte.

Hier zeigt sich ein dialektisches Verhältnis zwischen politischer Klasse, die solche Zustände zur Erlangung eines Zieles in Kauf nimmt und breiten Kreisen der Bevölkerung, die sich in ihrer rassistischen Einstellung durch solcherart Diskurse bestätigt fühlt und zur völkischen Tat, dem Pogrom, drängt. Letztendlich setzte die politische Klasse Deutschlands auf dem Rücken von gesellschaftlichen Minderheiten das ökonomische Interesse nach einer geregelten Zuwanderung und der Ausgrenzung von, für sie unproduktiven, Armutsflüchtlingen durch.

Wie steht das Gesagte im Zusammenhang mit einer befürchteten Haiderisierung der FDP?

Nun Jürgen Möllemann hat weder das Charisma, noch die innerparteiliche Rückendeckung für eine Politik, die sich offen rechtspopulistisch gibt und offen geäußerter Antisemitismus von Politikern wird, im Gegensatz zu deren rassistischer Politik, noch auf absehbare Zeit skandalisiert werden. Dennoch zeigt das Beispiel Möllemann, wie tief verankert Antisemitismus in diesem Land in seinen verschiedensten Ausformungen ist. Was sonst latent und unbewusst vorhanden ist, bricht sich immer wieder eine Bahn an die Oberfläche.

Wenn Jürgen Möllemann sich rühmt, er hätte rund 15 000, überwiegend affirmative, Zuschriften zu seinen Äußerungen über Israel und Michel Friedman bekommen. Wenn er weiter meint, dass die überwiegende Zahl dieser Zuschriften von Demokraten und Demokratinnen stammen,so ist ihm durchaus recht zu geben. Antisemitismus ist eben kein Phänomen des rechten Randes, sondern eher eine Art common sense in Deutschland. Daher ist Möllemanns Ärger darüber, dass die FDP in die rechte Ecke gesteckt wird auch durchaus echt.

Dem entsprechend wird es den etablierten Parteien nicht schwer fallen Möllemanns Positionen zu reintegrieren. Sie haben eher, trotz ihrer Skandalisierung die Funktion den Antisemiten zu zeigen, dass sie sich mit ihrem Judenhass immer noch in der breiten Mitte der Gesellschaft bewegen und eben ihr Kreuz nicht bei NPD und Co machen müssen.

Diese immer wieder stattfindende Vergewisserung des potentiell völkischen Wahlklientels hatte bisher eine enorm stabilisierende Wirkung auf das politische System in Deutschland.

Und dies zeigt ein viel tiefergehendes Dilemma auf. Sollen weiterhin Positionen der völkischen Ideologie integriert werden, und schon aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf dem angestrebten Weg einer fatalen Normalisierung des Landes der Täter scheint diese Richtung der politischen Klasse opportun, so werden diese völkischen Elemente auf Dauer noch stärker gesellschaftliche Diskursmacht erlangen. Die Gefahren die hier liegen sind weitaus größer, als die Möglichkeit einer FDP á la Haider und betreffen nicht nur diese Partei.

IS / hagalil.com 30-05-02

 


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