Zum Verbot der NS-Organisation
"Blood&Honour":
Bundesregierung revidiert Erfolgsmeldungen
Die Bundesregierung rückt erstmals von ihrer bisherigen Einschätzung ab,
dass das Verbot der Neonazi-Organisation „Blood & Honour" vom September
2000 ein voller Erfolg gewesen sei.
Nach der groß angelegten Durchsuchungsaktion des
Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt, bei der am 25. April 2002 über 40
Objekte in sieben Bundesländern wegen des Verdachts auf Fortführung der
verbotenen Neonazi-Organisation „Blood & Honour" durchsucht wurden, kann
selbst die Bundesregierung ihre früheren Erfolgsmeldungen offenkundig
nicht mehr aufrecht erhalten.
So heißt es nun:
Es „wurden Erkenntnisse über ein Zusammenwirken von
Aktivisten verschiedener früherer ‚Blood & Honour‘-Sektionen bekannt.
Auf dieser Ebene liegen einzelne Hinweise auf Aktivitäten ehemaliger
‚Blood & Honour‘-Mitglieder bzw. auf Organisationsstrukturen vor, die
auf Bemühungen um die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der
früheren Handlungsfähigkeit und die öffentliche Präsenz von ‚Blood &
Honour‘ hindeuten."
Darüber hinaus bestünden frühere persönliche
Verbindungen ehemaliger „Blood & Honour"-Mitglieder fort. In
Einzelfällen würde auch nach dem Verbot noch Propagandamaterial von
„Blood & Honour" vertrieben, organisierten ehemalige B & H-Mitglieder
mehrere Konzerte, seien in Deutschland mehrfach Bands aufgetreten, bei
denen ein Bezug zu B & H vermutet werden kann. Auch seien der
Bundesregierung einige deutsche Bands und CD-Anbieter bekannt, die
Kontakte zu ausländischen B & H-Mitgliedern unterhalten oder bei B &
H-Konzerten im Ausland aufträten.
Nur wenige Monate nach dem Verbot hatten Landesämter für
Verfassungsschutz und antifaschistische Initiativen über ein
Fortbestehen von „Blood & Honour"-Strukturen berichtet und Zweifel an
dem Erfolg des Verbotes geäußert. Unsere diesbezüglichen Nachfragen bei
der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 14/6137 und 14/6417) stießen
damals jedoch auf Ignoranz und ein stoisches Festhalten an
Erfolgsmeldungen seitens des Innenministeriums.
Angesichts der Ermittlungen des Landeskriminalamtes
Sachsen-Anhalt hat die Bundesregierung nun offenbar kalte Füße bekommen.
Bleibt zu hoffen, dass Innenminister Schily in Zukunft Warnungen und
Hinweise der antifaschistischen Öffentlichkeit über Aktivitäten in der
Neonazi-Szene nicht mehr aus Interesse an Eigenlob oder aus
ideologischen Gründen ignoriert.
Ulla Jelpke
29.05.2002
hagalil.com 30-05-02 |