Veranstaltungsreihe in Berlin
ERINNERUNGSABWEHR UND ZAHLUNGSVERWEIGERUNG
Almosen für die Opfer, Sicherheit für die Täter –
Deutsche Wiedergutwerdung und das Diktat gegen die Überlebenden
Alle Veranstaltungen finden jeweils Mittwoch im Kulturhaus Mitte,
Auguststrasse 61 statt. U-Bhf. Oranienburger Tor (U6), U-Bhf.
Weinmeisterstraße (U8) oder S-Bhf. Hackescher Markt
24.Oktober 19.00 Uhr
Zahlungsverweigerung und antisemitisches
Ressentiment
Auftaktveranstaltung mit Lars Rensmann (Berlin)
Der Almosenfond reiht sich ein in die Geschichte der
Zahlungsverweigerung in Deutschland. Die Kontinuität des antisemitischen
Ressentiments war darin eingeschrieben. Lars Rensmann wird den
Antisemitismus als wesentliches Moment der Abwehr der Forderung von
überlebenden ZwangsarbeiterInnen im Streit um Entschädigung analysieren.
Zusätzlich soll der historische Kontext zur Kritik der deutschen
Zahlungsverweigerung dargestellt werden.
31.Oktober 19.00 Uhr
The Final Insult.
Veranstaltung mit Rudy Kennedy (London).
Einleitend: Videovorführung: "I was a Slave Labourer" Regie: Luke
Holland (ebenfalls anwesend) 1999 60 min
Rudy Kennedy überlebte die Arbeit für IG Farben in den Bunawerken von
Auschwitz III. Sein Vater wurde dort - wie von den Deutschen intendiert
– durch Arbeit vernichtet. In den Mittelwerken in Dora wurde Rudy
Kennedy gezwungen, unter permanenter Todesdrohung für Volkswagen zu
arbeiten. Er ist Mitbegründer des Verbandes "Claims for Jewish
Slave-Labour Compensation".
Der Film "I was a Slave Labourer" - den wir zur
Einleitung des Abends zeigen - begleitet Rudy Kennedy in den Jahren des
Kampfes um eine Entschädigung. Deutlich wird, wie es ohne die
Organisationen der Überlebenden zu überhaupt keiner Form der Zahlungen
gekommen wäre, der Beginn der offiziellen Verhandlungen sie aber
gleichzeitig weitgehend ausgeschlossen hatte. Ob in der deutschen
Botschaft, im Sitz der IG Farben i.L. oder bei deutschen Historikern
trifft Rudy Kennedy beständig auf Gesten aggressiver Abwehr. Als final
insult, die abschließende und letzte Beleidigung nach einer quälenden
Geschichte, bezeichnete Rudy Kennedy die deutsche Entschädigungslösung.
Im Hauptteil des Abends wird er über seine Geschichte berichten und die
Bewertung dessen, was penetrant als "Entschädigungs"fond bezeichnet
wird.
07.November 19.00 Uhr
Das deutsche Entschädigungsdiktat – der
Almosenfonds aus Sicht der Überlebenden
Mit: Felix Kolmer ( Prag ) und Ludwig Krasucki (
Warschau )
Der Stiftungsfonds der deutschen Wirtschaft soll einen
Schlussstrich ziehen unter die mörderische Vergangenheit Deutschlands
sowie unter individuelle Lohn- und Vermögensansprüche Überlebender und
ihrer Erben. Die Überlebenden und bis heute schwer traumatisierten Opfer
des deutschen Vernichtungswahnes wurden und werden als Objekte einer
humanitären Geste erneut erniedrigt. Um deren konkrete Lebenssituation
etwa in Polen und Tschechien heute und deren Leidenserfahrungen und
Erinnerungen an die Toten ging es nie.
Professor Felix Kolmer von der Jüdischen Gemeinde in
Prag und Ludwig Krasucki vom Verband der jüdischen Kombattanten in
Warschau berichten als Verhandlungsteilnehmer auch über
Verhandlungsziele der deutschen Seite.
14.November 19.00 Uhr
Das falsche Wort. Wiedergutmachung an den Sinte in Deutschland?
Ein Film von Melanie Spitta und Katrin Seybold. 1987
85 min
Mit anschließendem Gespräch über die aktuellen
Entwicklungen "Sie (die Sinte) haben die Wut der Täter zu spüren
bekommen für ihr immer-noch-da-sein, deswegen waren auch nur wenige
bereit zu sprechen."
Über fünf Jahre arbeitete Melanie Spitta an diesem
Film, in dem sie die Geschichte der Verfolgung der Sinte auf der
Grundlage von persönlichen Berichten, Dokumenten und späteren Gutachten
erzählt. Von den Verhandlungen um die sog. Entschädigung für ehemalige
ZwangsarbeiterInnen waren die Sinti und Roma ausgeschlossen. Sie fallen
in die Kategorie "Rest der Welt". Die Auszahlungen werden verschleppt
und gegen den erklärten Willen der Organisationen der Sinte und Roma von
der überstaatlichen Organisation International Organisation of Migration
verwaltet. In einer Petition protestierten zahlreiche Roma
Holocaust-Überlebende gegen die IOM, die "die Rolle einer
"Polizeidienststelle" für abgeschobene Roma-Flüchtlinge übernommen hat".
Der Film verdeutlicht, in welcher Tradition eine
solche Zuständigkeit zu begreifen ist.
21.Januar 2002 19.00 Uhr
Offene Rechnungen – Nichtentschädigung am Beispiel Griechenland.
Veranstaltung mit Dr. Rolf Surmann (Hamburg)
Im Kontext der Beschlagnahmeverfahren gegen deutsche Liegenschaften
zugunsten der Opfer deutscher Massenmörder in Distomo während der
deutschen Besetzung Griechenlands geht es um offene Forderungen, die aus
dem Raub- und Vernichtungsfeldzug des Zweiten Weltkrieges resultieren.
Dazu zählen Reparationsforderungen vor allem osteuropäischer Staaten,
aber auch Ansprüche aus Zwangsanleihen, Rückforderungen von "Arisierung"
und zahlreiche individuelle Ansprüche.
Rolf Surmann verdeutlicht über die offenen Rechnungen
an die Adresse Deutschlands die Dimensionen der deutschen Verbrechen.
Veranstalterin: Projektarchiv e.V. Berlin
hagalil.com 14-10-01 /
27-Tischri-5762 |