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NPD will neue Hochburg aufbauen

Das Modell Zutt

Obwohl gegen die NPD das Parteiverbotsverfahren läuft, will die rechtsextreme Partei ihre Infrastruktur weiter ausbauen. In der mecklenburgischen Kleinstadt Waren (Müritz) soll ein neues Schulungszentrum entstehen.

Vorangetrieben wird der geplante Aufbau des Schulungszentrums, das gleichzeitig die Landes- und Kreisgeschäftsstelle der NPD werden soll, durch Doris Zutt vom Bundesvorstand der Partei. In einem Brief an den Warener SPD-Bürgermeister Günter Rhein teilte sie ihre Absicht aus Waren eine "nationale Hochburg" zu machen offen mit.

Doris Zutt betreibt in der Warener Mozartstraße den Gemischtwarenladen für Naziausstattung "Patriotentreff". Dort bekommen die Glatzen und Scheitelträger aus der Region alles was das braune Herz begehrt. Von der Bomberjacke über Kapuzenpullover mit "White Power"-Emblem bis zu den schwarz-weiß-roten Hosenträgern reicht das Sortiment. Auch der subkulturelle Musikgeschmack wird bedient. Zutt verkauft nahezu das ganze Sortiment an nicht-indizierter Rechtsrock-Musik, bei ihr finden sich CD's der Gruppen "Freikorps", "Oithanasie" oder "Triebtäter, aber auch Marschmusik und Soldatenlieder. Doris Zutt achtet streng auf Legalität, bei mehreren Hausdurchsuchungen fanden die Beamten des Staatsschutzes kein verbotenes Material.

Doris Zutts Naziladen in Waren

Bei der letzten Bürgermeisterwahl im Mai diesen Jahres kandidierte die 46-jährige und bekam zwei Prozent der abgegebenen Stimmen. Eine überzeugte Rechtsextreme lässt sich dadurch nicht entmutigen, zumal sie in Waren gewissermaßen nur ihr zweites Standbein hat.

Zutts Lebens- und Arbeitsschwerpunkt liegt noch immer im hessischen Ehringhausen, wo sie mit ihrem Mann dem örtlichen NPD-Chef Alfred Zutt ebenfalls einen "Patriotentreff" betreibt. Dort ist die gesamte Familie Zutt in der NPD, inklusive der beiden Schwiegersöhne - NPD-Landeschef Thomas Hanusch und Steffen Müller. Doris Zutt selbst sitzt für die NPD im Gemeindeparlament, bei den Wahlen 1997 bekam die Rechtspartei in Ehringhausen beinahe ein Viertel der Wählerstimmen, exakt 22,9 Prozent. Auch wenn die Partei bei den letzten Wahlen einen empfindlichen Einbruch erlebt, die Gesinnung der Ehringhausener Bürger und Bürgerinnen dürfte sich kaum geändert haben.

Der rechte Familienklan ist fest in der 9500-Seelen-Gemeinde verankert. Frau Zutt kümmert sich um die alten Menschen im Ort, bedient den Stammtisch-Rassismus und verkehrte in der Vergangenheit auch durchaus freundschaftlich mit Abgeordneten der anderen Parteien.

Dieses Modell soll jetzt nach Waren exportiert werden. Damit greift NPD-Bundesvorstandmitglied Zutt dass vom Nationaldemokratischen Hochschulbund (NHB) entwickelte Konzept der "nationalbefreiten Zonen" auf. In dem von NPD-Kadern 1992 verfassten Papier "Schafft befreite Zonen" heißt es: "Wir müssen Freiräume schaffen, in denen wir faktisch die Macht ausüben, in denen wir sanktionsfähig sind, d.h. wir bestrafen die Abweichler und Feinde, wir unterstützen Kampfgefährtinnen und -gefährten, ...Das System, der Staat und seine Büttel werden in der konkreten Lebensgestaltung der politischen Aktivisten der Stadt zweitrangig"

Die rechtsextreme Szene ist in verschiedensten Gegenden Deutschlands, vor allem im Osten, durchaus ein lebensbestimmender Faktor geworden. Da nutzen denn auch repressive Maßnahmen wie das NPD-Verbot wenig. Die Dreistigkeit mit der Doris Zutt in Waren ein neues Haus sucht zeugt von Selbstbewusstsein. In ihrem Brief an den Warener Bürgermeister fragt sie an, ob denn die Stadt ein Vorkaufsrecht für das Objekt hat und bereit sei darauf zu verzichten.

Aus der Äußerung, die Stadt würde von ihrem Vorkaufrecht keinen Gebrauch machen wurde von Doris Zutt schon beinahe eine Einverständniserklärung zu ihrem Projekt. Solche Verdrehungen sind typisch für die Vorgehensweise der Rechten, dabei könnte die Stadt Waren das Haus nur kaufen, wenn sie eigene Pläne damit hätte. Dabei sieht sich der Bürgermeister wegen eines offenen Briefes unter Druck, in welchem er Stellung gegen die NPD bezogen hatte. Sein "Fehler" bestand darin, die rechtsextreme Partei in seiner Eigenschaft als Bürgermeister zu kritisieren und nicht als Privatperson. Gleichgültigkeit oder Inaktivität kann man Günter Rhein jedoch nicht vorwerfen, was für Regionalpolitikern bei dem Thema Rechtsextremismus leider keine Selbstverständlichkeit ist.

Es bleibt vor allem zu hoffen, dass sich in Waren ein breiter Widerstand gegen das geplante Schulungszentrum formiert, der dafür Sorge trägt, dass das Modell Zutt bald ein Auslaufmodell wird. Sonst dürfte sich das Klima in der kleinen Stadt vor allem für die Flüchtlinge im Asylbewerberheim und für Andersdenkende weiter verschärfen.

IS / klick-nach-rechts.de

09.08.2001

 


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