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"Steilvorlage" für ein NPD-Verbot:
Neonazis jubeln über Terror
- und liefern Richtern Argumente

Von Jörg Schindler (Berlin)

Deutsche Rechtsextremisten haben mit unverhohlener Freude auf die Terroranschläge in den USA reagiert. Das hätten sie im eigenen Interesse besser bleiben lassen, sagen Experten. Denn das Verbot der NPD sei damit noch wahrscheinlicher geworden.

Das World Trade Center lag kaum in Trümmern, da begannen die deutschen Kameraden bereits zu feiern. Er empfinde "tiefe Genugtuung und inneren Jubel", dass Amerika "nun endlich den Tod aus der Luft" kennen gelernt habe, ließ ein Rechtsextremist auf der Homepage des "Nationalen Info-Telefons" (NIT) wissen. "Wenn die USA eines sicher nicht verdient haben, dann ist es Mitleid", schwadronierte das "Aktionsbüro Norddeutschland". Eine "längst überfällige Befreiungsaktion gegen die USA", glaubte das "Bündnis Rechts" erkannt zu haben. Und in Internetforen machte rasch ein perfider Gruß die Runde: "Flieg heil!" Unzählige Beifallsbekundungen aus der Neonazi-Ecke hat Thomas Grumke, Rechtsextremismus-Experte im Berliner Zentrum demokratische Kultur, gesichtet. Nicht nur das: Die Szene wittere inzwischen Morgenluft, zumal, seit Hamburg als Unterschlupf für Terroristen gelte. Schon hat die DVU angekündigt, im Endspurt des Hamburger Wahlkampfs die "total verrückte Ausländerpolitik" des dortigen Senats zu brandmarken. Die "multikulturelle Illusion" sei mit den Wolkenkratzern untergegangen, frohlocken die rechtsextremen Republikaner.

"Jetzt wird wieder fremdenfeindliche Stimmung geschürt", sagt auch Klaus Parker von hagalil.com, dem größten jüdischen Onlinedienst Europas. Er weiß von regelrechten Handlungsanweisungen im Internet, wie der Terror in den USA für die nationale Sache zu nutzen sei. Dabei schere es die Rechtsextremisten auch nicht, dass sie ein "großes Argumentationsproblem" haben, sagt Parker. Sie müssten ihrer Anhängerschaft nämlich erklären, wieso sie einerseits über Moslems herziehen, während sie diese andererseits als Freiheitskämpfer gegen die USA heroisieren.

Es gibt aber auch andere Stimmen im rechten Lager. Stimmen wie die von NIT-"Chefredakteur" André Goertz, der die Jubler in den eigenen Reihen für "politikunfähig" hält. Stimmen wie die des NPD-Vorstands, der ungewohnt staatstragend mitteilte, er sehe Gewalt nicht als Mittel der Politik. Äußerungen wie diese haben durchaus Kalkül. Denn noch immer hofft die NPD, nicht verboten zu werden. Das freilich könne sie sich nach den letzten Tagen abschminken, glauben Experten. Vor allem, nachdem sich eines ihrer wichtigsten Sprachrohre, der Ex-RAF-Anwalt Horst Mahler, deutlich im Ton vergriffen hat. Am Tag nach den Anschlägen ließ er in verquaster Manier wissen, nun sei "das Ende des weltlichen Jahwe-Kults, des Mammonismus" gekommen. Die Anschläge in New York und Washington seien "eminent wirksam und deshalb rechtens".

Damit, sagt Parker, habe Mahler sich und der NPD einen Bärendienst erwiesen. Für ein Verbot muss der Partei eine "kämpferisch-aggressive Haltung" gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung nachgewiesen werden. Das habe Mahler mit seiner "Steilvorlage" selbst getan, so Parker. Im Hauptverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht würden diese Äußerungen sicher berücksichtigt. "Für die NPD wird die Luft sehr dünn", prognostiziert auch Grumke.

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Copyright © Frankfurter Rundschau 2001
Dokument erstellt am 18.09.2001 um 21:25:34 Uhr
Erscheinungsdatum 19.09.2001

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