Kaum noch ein Thema?
Anstieg rechter Gewalttaten im August
Die Terroranschläge in den
Vereinigten Staaten lassen das innenpolitische Thema des
Rechtsextremismus in den Zeitungsmeldungen, aber auch in der sonstigen
öffentlichen Wahrnehmung weit nach hinten rutschen. Zu Unrecht, wie eine
parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke (PDS) ergab.
Meldete die Polizei noch Anfang des
Jahres einen Rückgang der Gewalttaten durch Nazis, so wurden im Monat
August 578 Straftaten mit rechtsextremen Hintergrund erfasst. Gegenüber
dem Vormonat bedeutet das einen Anstieg um 20 Prozent. Über die Hälfte
der Angriffe hat dabei einen rassistischen Hintergrund, richtete sich also
gegen Flüchtlinge und Migranten. Allein 29 Menschen wurden im August
durch rechte Schläger verletzt, einige davon schwer.
Wiedereinmal scheinen sich die Nazis
durch die Bundespolitik, mit ihrer unsäglichen Diskussion um ein
Zuwanderungsgesetz, ermutigt zu fühlen. Wenn SPD, CDU und mit wenigen
Abstrichen auch Bündnis90/Die Grünen über Gesetze debattieren, die
Menschen den Aufenthalt in Deutschland nur noch nach Kriterien ihrer
Nützlichkeit erlauben, so ist das Wasser auf die Mühlen der
Rechtsextremen.
Gleichzeitig werden immer wieder
Nazis von staatlicher Seite geradezu gefördert. So trifft sich der
Nationale Jugendblock (NJB), eine dem Verfassungsschutz bekannte „aktive
Neonazi-Organisation“, seit 1992 in dem Haus Zittauer Südstraße 8. Vom
Zittauer Kreisjugendamt erhielten die Naziskinheads, laut einer Meldung
des SPIEGEL vom Januar diesen Jahres, 1397,50 DM im Jahr 2000 zur
Finanzierung der Miete.
Zwei Sozialarbeiter mit wenig
Einfluss „betreuen“ diese Jugendlichen, sehen allerdings auch keine
Möglichkeiten sie aus der rechten Szene zu lösen. Da der NJB das
Hausrecht besitzt können diese Sozialarbeiter kurzerhand vor die Tür
gesetzt werden, sollten sie die Kreise der Rechten stören.
Der NJB veranstaltet in seinen
Räumen regelmäßig Konzerte, Sonnenwendfeiern und ähnliche
Veranstaltungen zu denen bis zu 400 Besucher und Besucherinnen kommen.
Dazu gehören auch Skinheads aus Polen und Tschechien. Chef des NJB ist
der wegen Volksverhetzung verurteilte Rechtsextreme Sebastian Weickelt,
der 1994 vom Domizil des NJB holocaust-leugnende Hetzschriften an
verschiedene Redaktionen gefaxt hatte.
Nachdem im Sommer diesen Jahres die
Wohnungsbaugesellschaft dem NJB eine Kündigung wegen Baufälligkeit
zustellte, nahm sich nun der Zittauer Stadtrat der Nazis an. Die Stadt
erwarb das Grundstück und erwägt es dem NJB zur Erbpacht zu überlassen,
nachdem dieser gedroht hatte, in eine private Villa in der Zittauer
Lessingstraße umzuziehen. Laut Aussagen eines Mitglieds des Stadtrats
wäre dies den dort wohnenden Bürgern nicht zuzumuten.
Stattdessen wird der parteilose
Oberbürgermeister Voigt bis zur Oktobersitzung einen Vorschlag zum
Verbleib der Nazi-Gruppierung im Haus Südstraße 8 erarbeiten.
Ein derartige Verhalten der
Stadtoberen von Zittau zeigt nicht nur Hilflosigkeit. Es macht auch
deutlich, wie viel Einfluss Nazis auf kommunaler Ebene
teilweise besitzen und wie wenig Lokalpolitiker bereit sind diese
Rechtsextremen gesellschaftlich zu isolieren. Dass in einem solchen
Klima die Zahlen der Straftaten von Rechtesextremen immer wieder
ansteigen ist kaum verwunderlich.
IS/hagalil.com
30-09-01 / 15-01-5762 |