Verbotener Nazi-Aufmarsch in Elmshorn
Erfolg für ein breites Bündnis
Im Allgemeinen sind sie dünn gesät,
die Erfolge gegen die militanten Nazis. Daher ist es um so erfreulicher,
wenn es gelingt einen Nazi-Aufmarsch auf Druck von unten zu verhindern.
Dies gilt hier für den am vergangenen Freitag vom
Bundesverfassungsgericht verbotenen Aufmarsch sogenannter "Freier
Nationalisten" um
Christian Worch. Der Aufzug sollte am Samstag den 17. Juli unter dem
Motto "Freiheit für verfolgte Nationalisten" stattfinden.
Dagegen mobilisierte in der
norddeutschen Kleinstadt Elmshorn ein breites Bündnis gegen Neonazis.
Vertreten waren in diesem Bündnis die unterschiedlichsten Gruppen und
Organisationen. Ein türkischer Sportverein und der türkische Elternbund
Elmshorn gehörten ebenso zum Bündnis, wie die IG Metall, DKP und die
VVN/BdA. In dieser Breite liegt auch die Stärke eines solchen Bündnis.
Die Versuche es im Vorfeld zu spalten und einzelne Organisationen wegen
ihres "Linksextremismus" auszugrenzen misslangen.
So wurde in Elmshorn ein politischer
Druck erzeugt, der wohl ein das Verbot aus Karlsruhe nach sich zog.
Neben der Öffentlichkeitsarbeit organisierte das Elmshorner Bündnis am
vergangenen Samstag den "Move gegen Nazis", welcher durch die Nachricht
aus Karlsruhe beinahe zur Party wurde. Während der Auftaktkundgebung
sprachen Angelo Lucifero von verdi. und Karin Benz-Overhagen vom
IG-Metall-Vorstand. Der Gewerkschafter Lucifero war in der Vergangenheit
schon selbst Zielscheibe von Schmähungen und Drohungen durch
Rechtsextreme geworden.
Weitere Nazi-Demonstrationen
geplant
Auch wenn gerichtliche Verbote von
Nazi-Aufmärschen immer eine zwiespältige Angelegenheit sind, da hiermit
die autoritäre Stärke des Staates gefragt ist, so dürfte für die
am Bündnis Beteiligten ein solidarisches Miteinander etwas näher gerückt
sein. Da für die kommenden Sommermonate noch mindestens sieben
Nazi-Aufmärsche angemeldet sind, wären sicher in den verschiedenen
Städten breite Bündnisse wichtig, um den Rechten die Straße zu nehmen,
sei es durch gerichtliche Verbote oder durch phantasievollen Widerstand
auf der Straße.
Zentralen Charakter haben dürfte für
die militante Naziszene ein Aufmarsch in Wunsiedel zum Gedenken an den
Todestag des Hitlerstellvertreters Hess. Angemeldet ist die Huldigung
des NS-Kriegsverbrechers Hess, der am 17. August 1987 in
Berlin-Spandau in alliierter Haft starb, von Jürgen Rieger.
Rieger ist Vorsitzender der
rassistischen Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und
Verhaltensforschung, sowie Vorstandsmitglied des Nordischen Rings.
Außerdem ist Rieger noch bekannter Nazi Strafverteidiger. Zu seinen
Mandanten zählen unter anderem der Holocaust-Leugner Ernst Zündel,
Thies Christophersen, Meinolf Schönborn und Berthold Dinter. Die
Aufmärsche zum Gedenken von Rudolf Hess wurden in der Vergangenheit zwar
häufig per Gerichtsbeschluss verboten, dennoch marschierten die Nazis
immer wieder in zeitlicher Nähe zum 17. August auf.
Weitere zentrale Aufmärsche sind von
den "Freien Kameradschaften" ausgerechnet zum Antikriegstag in Leipzig
geplant und am 3. Oktober in Berlin. Im Aufruf zu der Leipziger
Demonstration wird mit Benutzung antisemitischer Codes geleugnet, dass
Deutschland den Zweiten Weltkrieg begonnen hat. Der Überfall auf Polen
wird in bekannter Manier als Akt der Notwehr dargestellt. Bei solcher
Geschichtsfälschung ist es denn auch logisch, wenn auf der
Abschlusskundgebung, neben Christian Worch, auch zwei ehemalige
Angehörige der Mörderorganisation SS sprechen sollen.
Vor allem aber der Aufmarsch in Berlin
soll die Funktion haben die militanten Nazis zu einigen und zu stärken.
Die "Freien Kameradschaften" bieten sich schon jetzt als
organisatorisches Auffangbecken nach einem möglichen
NPD-Verbot
an. So wird auch die Demonstration am 3. Oktober vom Bündnis Rechts
organisiert und von verschiedenen NPD-Kreisverbänden unterstützt. Das
revanchistische Motto ist hier: "Deutschland ist mehr als die
Bundesrepublik".
Würde es gelingen mit Druck seitens
antinazistischer Bündnisse einen oder mehrere dieser rechten
Propagandashows zu ver- oder behindern, so würde dies das momentan sehr
gute Ansehen der "Freien Kameradschaften" im rechtsextremen Lager
schwächen und ihre Attraktivität als organisatorischer Anlaufpunkt für
die rechte Jugendszene mindern. Natürlich ist damit das Problem des
Nazismus in den Köpfen immer noch vorhanden. Doch lässt sich dieses auch
nicht mit Gegendemonstrationen und Festivals alleine bekämpfen.
IS/klick-nach-rechts.de
19.07.2001 |