Opfer von Nazi-Angriff droht Beugehaft
Eingreifen lohnt sich nicht?
Zwei Opfern einer Attacke durch
bekannte Rechtsextreme droht Beugehaft, weil die Düsseldorfer
Staatsanwaltschaft nicht auf "wichtige Zeugen" verzichten will.
In der Nacht vom 13. auf den 14. Juni
handelten drei Männer, darunter der 27-jährige Christian H., so, wie es
als propagiertes Wunschbild in allen Zeitungen und
Regierungsverlautbarungen zu lesen ist. Sie schritten ein gegen
Pöbeleien von Nazis auf der Straße. Nach einer verbalen
Auseinandersetzung mit den Rechten begaben sich die drei Männer in ein
nahegelegenes Lokal. Als sie dieses wieder verließen, wurden sie
von den Nazis, welche sich inzwischen Verstärkung geholt hatten
körperlich angegriffen.
Im Verlauf des Handgemenges zückte der
stadtbekannte Nazi-Skinhead Sven R. sein Messer und verletzte Christian
H. und die beiden anderen mit Messerstichen unter anderen in Rücken,
Oberarm und Schulter. Einer der drei Angegriffenen konnte in dieser
Situation entfliehen.
Sven R. wurde von der Polizei
festgenommen und, nach Geständnis bis zur Verhandlung freigelassen, da
er bisher nicht vorbestraft ist. Dabei gehört Sven R. zu einer Gruppe
von Skinheads, die Kontakte zur Freien Kameradschaft Düsseldorf um den
Nazi-Kader Sven Skoda unterhält. Skoda ist Betreiber des "Nationalen
Infotelefon Rheinland", eines wichtigen Teiles der rechtsextremen
Infrastruktur in der Region.
Ungewöhnlich an dieser im heutigen
Deutschland fast schon banalen Geschichte ist, dass Polizei und
Staatsanwaltschaft unbedingt des entflohenen Opfers der Messerattacke
habhaft werden wollen. Der Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft,
Johannes Mocken, bestätigte zwar in der Presse, dass der Mann nicht als
Beschuldigter, sondern als Zeuge gesucht werde. Die Staatsanwaltschaft
beharrt allerdings darauf, dass der Entkommene in dem bevorstehenden
Prozess als Zeuge aussage.
Dieser hat jedoch gute gute Gründe
sich vor Gericht nicht aufzutreten. Das, nun gesuchte, Opfer des
Nazi-Überfalls ist ein Journalist, welcher seit längerem unter Pseudonym
über die rechte Szene in Düsseldorf und Umgebung berichtet. Er
befürchtet bei Racheakte aus der Nazi-Szene. Seine Rechtsanwältin, Irene
Wollenberg bot der Staatsanwaltschaft eine sogenannte Quellenvernehmung
innerhalb eines Zeugenschutzprogramms an, bei welcher die persönlichen
Daten des ihres Mandanten geschützt blieben und er
nicht selbst vor Gericht erscheinen muss.
Dieses Angebot lehnte die Düsseldorfer
Staatsanwaltschaft ab. Nun sollen in der kommenden Woche Christian H.
und sein namentlich bekannter Begleiter vor dem Ermittlungsrichter
gezwungen werden den Namen ihres Bekannten preiszugeben, der dem
Überfall entfliehen konnte. Was den beiden bevorsteht, wenn sie dem
nicht nachkommen, formulierte der Staatsanwaltschaftssprecher deutlich:
"Notfalls kommen sie in Beugehaft." Christian H. will dies am kommenden
18. Juli notfalls in Kauf nehmen und den Namen des Journalisten nicht
nennen.
Sollten die beiden Opfer des Nazi-Angriffs tatsächlich
hinter Gitter kommen, so wäre das beispiellos in der Düsseldorfer
Justizgeschichte.
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11.07.2001 |