Naziaufmärsche am 1. September
Brauner Anti-Kriegstag
Wenn Nazis am 1. September, dem
weltweiten Anti-Kriegstag, aufmarschieren dann ist die
Zielrichtung so einfach wie klar: Es geht gegen Israel und für eine
Leugnung der deutschen Schuld am zweiten Weltkrieg.
In Leipzig marschierten am vergangenen
Sonnabend rund 2.000 Rechtsextreme auf und folgten so dem Aufruf der
"freien Kameradschaften" um den Nazi-Führungskader Christian Worch. Die
öffentlich in Abgrenzung zur NPD agierenden Kameradschaften können dies
als klaren Mobilisierungserfolg für sich verbuchen. Damit einher geht
denn auch ein immer offeneres Eintreten für eine Verherrlichung des
Nationalsozialismus. So sollten denn auch vor dem Leipziger
Völkerschlachtdenkmal zwei "Vertreter der Erlebnisgeneration" sprechen,
wie es im Nazi-Slang heißt. Indirekt stärkt so der gegen die NPD
laufende Verbotsantrag den NS-Flügel der Rechtsextremen.
Der Test, wie weit NS-Parolen und
Symbole von den staatlichen Organen geduldet werden, endete am
1.September für die Neonazis mit einer Auflösung ihrer Demonstration
durch die Polizei. Aber auch wenn es natürlich nicht hinzunehmen ist,
dass ein brauner Pöbel "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" grölend durch eine
Stadt zieht, so falsch wäre es, sich über das schon fast
polizeistaatliche Agieren der Ordnungshüter zu freuen. Nicht nur der
Skandal, dass die Gerichte einen Aufmarsch zuließen, der schon im
Vorfeld als reine NS-Propagandaveranstaltung zu erkennen war, gerät
dabei in den Hintergrund. Es ist auch eine alte Erfahrung, dass die
staatliche Gewalt, welche am Samstag die Nazis traf bei nächster
Gelegenheit wieder antifaschistische Demonstranten zum Ziel haben kann.
Mit law and order gegen den Rechtsextremismus vorzugehen ist ganz sicher
der falsche Weg.
Es ist ganz sicher aber ein Erfolg,
dass Tausende gegen die Rechten auf die Straße gingen. Nur mit
persönlichem Engagement, auch im Alltag, lässt sich auf Dauer das
politische Klima zu Ungunsten der breiten rechtsextremen (Sub-)Kultur
verändern. Da gilt es denn auch sich Versuchen entgegenzustellen eine
bundesweite Gewalttäter-Datei zu erstellen. Dieser jüngste Vorstoß des
sächsischen Innenministers Klaus Hardrath (CDU) ist ein weiterer
Baustein auf dem Weg zu einem autoritären Staat, der sich aus der
Bekämpfung der Gewalt von Links und Rechts legitimiert.
Wenn heute junge Menschen Barrikaden
errichten, um einen Aufmarsch von Nazis zu stoppen, so ist dies auch ein
Ausdruck des Versagens von Staat und Gesellschaft bei der Bekämpfung des
Rechtsextremismus. Diese jugendlichen Antifaschisten mit den rechten
Vertretern mittels der Totalitarismus-Theorie gleichzusetzen und
schlicht als Gewalttäter zu diffamieren zeigt in welche Richtung der
sogenannte Aufstand der Anständigen von staatlicher Seite aus geht. Auf
der einen Seite werden Gesetzesverschärfungen und mehr Polizei gefordert
und ein paar Millionen Mark mit viel Mediengetöse in Projekte gegen
rechte Gewalt investiert. Auf der anderen Seite plant die rot-grüne
Bundesregierung das Recht auf Asyl weiter auszuhöhlen und die
Aufnahmebedingungen von Flüchtlingen und Migranten auf die
Bedürfnisse von Industrie und Wirtschaft maßzuschneidern.
Selbstverständlich ist nichts gegen
die Finanzierung von Projekten gegen Rechtsextremismus einzuwenden. Nur
ist die Reduzierung des Nazismus auf ein Problem der Gewalt ist
schlichtweg falsch. Auch ein Rechtsextremer, der Republikaner, CDU oder
SPD wählt bleibt eben ein Rechtsextremer. Und zuletzt belegte die Studie
von Richard Stöss und Otto Niedermayer, dass eben ein Großteil jener 13%
Deutschen mit einem geschlossen rechtsextremen Weltbild die großen
Parteien CDU/CSU und SPD wählen. Zur Problematik der im letzten Jahr
initiierten Projekte gegen Rechts kommt noch hinzu, dass nicht wenige
davon reine Medienereignisse darstellen und dennoch Gelder verschlingen,
die zum Teil nur in die Präsentation der Projekte fließen, nicht jedoch
in die praktische Arbeit.
Die ermutigenden Beispiele eines
Engagements gegen die Aufmärsche von Nazis sind Ereignisse wie sie in
Greifswald stattfanden. Auch hier marschierten Rechtsextreme am 1.
September auf. Doch sehr erfolgreich waren die 150 Nazis, die sich von
einem NPD-Aufruf angesprochen fühlten nicht. Von den rund 1.500
Gegendemonstranten blockierten 400 Menschen die Demonstrationsroute und
stellten sich so dem NPD-Gefolge in den Weg, was diese sichtlich
irritierte. Die Gruppe der Blockierenden war bunt gemischt, auch wenn
jüngere Teilnehmer und Teilnehmerinnen überwogen. In Folge dieser
Blockade musste die Route der Rechten verkürzt werden und ihr Aufmarsch
mit einer sehr kurzen Kundgebung beendet werden. Ginge es jedoch nach
dem sächsischen Innenminister, so wären die couragierten Bürgerinnen und
Bürger in einer Gewalttäter-Datei zu erfassen.
Kleiner Erfolg gegen Nazis
IS/klick-nach-rechts.de
04.09.2001 |