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Judentum und Israel
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Werbung für Holocaust-Leugner:
Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen

von Alfred Schobert

Die Spendenkampagne für das Holocaust-Mahnmal treibt ein gefährliches Spiel mit dem Revisionismus.

Anführungszeichen sind jene stummen pragmatischen Zeichen, mit denen man ein Wort oder eine Aussage umgibt, um anzuzeigen, dass es sich nicht um ein eigenes Wort oder eine eigene Aussage handelt. »den holocaust hat es nie gegeben« ist - in diesem Text flankiert von jenen diskriminierenden Zeichen - also keine Aussage, der Gastfreundschaft gewährt würde. Das Paar aphoner Zeichen ist in diesem Fall Handschuhen vergleichbar, mit denen man, wenn es denn sein muss, auch in den Dreck packen kann.

Zitiert wird, in diesem Fall, eine Lüge, um sie als Lüge bloßzustellen. In Artikeln und Büchern ist das in der Regel völlig unproblematisch. Hier dienen Zitate wie das erwähnte als Beleg im Kampf gegen die Leugnung des Holocaust. Man braucht sie, um die Argumentation nachvollziehbar und überzeugend zu gestalten und in möglichen juristischen Auseinandersetzungen bestehen zu können.

»'den holocaust hat es nie gegeben'« ist nun, in Kleinschrift und großen Lettern, der Slogan auf einem Plakat, mit dem der Förderkreis um die Journalistin Lea Rosh zu Spenden für den Bau des Holocaust-Mahnmals aufruft. Auch auf dem Plakat steht die Aussage in Anführungszeichen, die darum hier verdoppelt werden mussten. Sie machen deutlich, dass - um eine begriffliche Unterscheidung zwischen use und mention aus der Theorie der speech acts (John A. Searle) zu benutzen - das Plakat die Aussage nicht gebraucht, sondern nur erwähnt.

Der Förderkreis zitiert auf dem Plakat die Aussage. Er macht sie sich nicht zu Eigen. Und in kleiner Schrift wird angefügt: »Es gibt immer noch viele, die das behaupten. In 20 Jahren könnten es noch mehr sein. Spenden Sie deshalb für das Denkmal für die ermordeten Juden Europas.« Deshalb dürften die bei der Staatsanwaltschaft eingegangenen Strafanzeigen, so verständlich die Motive der Antragsteller auch sind, juristisch ins Leere laufen.

Ist die Aufregung um das Plakat also nur viel Lärm um nichts? Die Stiftung für das Holocaust-Mahnmal jedenfalls ging auf Distanz zur Kampagne des Förderkreises. Salomon Korn, Mitglied des Stiftungskuratoriums, warf Lea Rosh »Holzhammermethoden« vor. Rosh allerdings sieht keinen Anlass zum Rückzug. Gemäß der Devise, dass Klappern zum Handwerk gehört, beharrt sie auf der Plakataktion. Dass diese nun nicht, wie geplant, noch über Mitte August hinaus verlängert werden soll, ist kaum als Entgegenkommen zu werten. 

Eins haben Rosh und ihre Mitstreiter erreicht: Sie haben sich ins Gespräch gebracht. Auch sei das Spendenaufkommen dank der »provozierenden Werbeaktion« beachtlich. Der Preis dafür, um in der einzigen Metaphorik zu sprechen, die der Förderkreis im Moment versteht, ist allerdings hoch. Die Effekte, die die Kampagne zeitigt, sind absehbar.

Der Förderkreis hat mit seinem Plakat der Methode der Schockwerbung für das Thema Holocaust erste Akzeptanz geschaffen. Es bleibt abzuwarten, wann der Holocaust als Schockmittel in beliebigen Werbekampagnen verwendet wird. Der Förderkreis hat von der Werbebranche gelernt, die nun wiederum dem Förderkreis auf dem eingeschlagenen Weg folgen könnte.

Vor gut einem Jahrzehnt war Benetton mit Fotos von Oliviero Toscani Avantgarde auf diesem Gebiet tätig und revolutionierte damit die Werbung. Toscani hatte erstmals 1972 mit der Provokationstour für Furore in der Werbewelt gesorgt. Für die Jeans-Marke »Jesus« fotografierte er einen Frauenpo, versehen mit der Inschrift »Wer mich liebt, folgt mir«. Das versetzte Kleriker in Aufruhr. Zu Zeiten des zweiten Golfkriegs warb Benetton mit einem Foto eines Soldatenfriedhofs. 1993 folgte dann »HIV positiv«, ein nackter Po mit Tätowierung.

In Szene gesetzt wurden damit die Ausgrenzungsfantasien gegenüber HIV-Infizierten; nicht nur Exponenten der extremen Rechten hatten Zwangstätowierungen im Genitalbereich als vermeintlichen Schutz für nicht Infizierte vorgeschlagen. Diese Vorschläge erinnerten an die Tätowierung der KZ-Insassen, und das Plakat reproduzierte blind diese historische Reminiszenz, wohl der Hauptgrund für Verbotsmaßnahmen in mehreren Ländern.

Das Plakat des Förderkreises geht längst nicht so weit wie Toscani und Benetton, die die Ausgrenzungs-, Verfolgungs- und Vernichtungspolitik des Nazismus zum Werbemotiv machten. Das den Blick fangende Schockelement ist nicht das Bildmotiv. Gezeigt wird eine Naturidylle, ein See, Berge, Wald, kurz: ein touristisches Deutschland-Klischee. Nicht hingegen die Silhouette von Auschwitz, keine nachgestellte Aufnahme der ineinander verkrallten Leiber der Ermordeten in den Gaskammern, keine Wehrmachtssoldaten bei der Exekution.

Mit dem Schriftzug, der hier als Blickfang dient, wird jedoch eine Grenze überschritten. Geworben wird mit etwas, was nicht für Werbung taugt: »den holocaust hat es nie gegeben« ist eine Propagandaformel von Alt- und Neonazis, die einen Straftatbestand erfüllt und an exponierter Stelle im öffentlichen Raum nichts zu suchen hat. Schon als Titel eines noch so kritischen Buches über die Holocaustleugner wäre das Zitat ungeeignet.

Die Holocaustleugner können sich nicht nur über die riesige Publicity freuen. Frei Haus liefern Lea Rosh & Co ihnen eine Steilvorlage. Für den unerträglichen Slogan werden die gewieften Revisionisten, die ungenaue Unterscheidung von Gebrauch und Erwähnung unterlaufend, Verwendung in ihren Hetzschriften finden.

Alfred Schobert ist Mitarbeiter beim Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS); jüngste Publikation: Martin Dietzsch/Alfred Schobert (Hg.): Ein "jüdischer David Irving"? Norman G. Finkelstein im Diskurs der Rechten - Erinnerungsabwehr und Antizionismus. Duisburg: DISS 2001 (110 S. A4; DM 28,-; ISBN 3-927388-76-9

klick-nach-rechts.de

10.08.2001

 


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