Hausdurchsuchung bei
Rechtsextremismus-Experten
"Die wollen mich lahm legen"
Die drei Herren kamen am Vormittag nach
Fuldatal-Ihringshausen. Dort lebt Manfred Büttner. Der 55-Jährige
ehemalige Lehrer hat in seinem Haus eines der umfangreichsten Archive
über die deutsche Neonazi-Szene.
Viele von denen, die hinter den braune Truppen mit-
und herlaufen, sind dort gespeichert. Namen und Adressen von rund 1000
Rechtsextremisten. Büttner gilt bundesweit als Kenner der vielen
unterschiedlichen Gruppen am rechten Rand. Hat Bücher und Zeitschriften,
Unterrichtsmaterialien für die Schulen verlegt und verfasst.
Das brachte ihn auch immer wieder ins Visier der
militanten Neonazis. Die setzten ihn mit exakter Personenbeschreibung
und Privatadresse schon vor sieben Jahren auf ihre bundesweit
verbreitete Todesliste "Der Einblick", in der sie ihre politischen
Gegner outeten und für Gewaltübergriffe frei gaben. Der Verfasser der
Liste landete deshalb im Gefängnis. Manfred Büttner stand während dieser
Zeit häufig unter Polizeischutz.
Am Mittwoch Vormittag aber erschienen die drei Beamten
vom Kasseler Staatsschutz in ganz anderer Mission. Eine Richterin hatte
die Durchsuchung angeordnet. Die Beamten beschlagnahmten Büttners
Computer und auch gleich noch den seiner Frau. Die darauf gespeicherten
brisanten Informationen über die Neo-Nazis-Szene liegen jetzt der
Kasseler Staatsanwaltschaft vor. Die hatte die Hausdurchsuchung
beantragt, weil sie gegen Manfred Büttner ermittelt, wegen Verleumdung
und übler Nachrede.
Der Hintergrund: Im Herbst vergangenen Jahres
veröffentlichte das Kasseler Obdachlosenmagazin "Tagessatz" einen
Artikel über Verbindungen heimischer Neonazis. Als Autor war dort ein
W. Frantner angegeben, offensichtlich ein Pseudonym. Im Fadenkreuz
des Autors ist ein Kasseler Geschäftsmann, der in der
Nordhessenmetropole und anderen deutschen Städten Läden betreibt, in
denen vieles zu kaufen ist, was Neo-Nazis gerne tragen: Springerstiefel,
Reichskriegsflaggen, Szenemützen aber auch Broschüren und Musik der
rechtsextremen Szene.
Der Autor beschuldigte ihn, eine Schlüsselfigur der
Neonazis zu sein. Dieser Vorwurf wurde auch schon in anderen
Tageszeitungen dokumentiert. Es gibt gar einen Film des Hessischen
Rundfunks über die rechten Verbindungen des Kasseler Händlers. Trotzdem:
Der Tagessatzartikel brachte eine Anzeige des Betroffenen und einen
Kasseler Staatsanwalt in Aktion. Der ermittelte von Anfang an gegen
Manfred Büttner. Die Staatsanwaltschaft vermutet, der Neonazi-Experte
verberge sich hinter dem Pseudonym. Büttner bestreitet das bislang
offiziell. Und wandte sich an den Hessischen Generalstaatsanwalt mit
einer Beschwerde gegen den ermittelnden Staatsanwalt.
Auch diese Schriftwechsel, sowie mehrere persönliche
Anmerkungen Büttners zu dem Dienstverfahren liegen jetzt dort, wo sie
eigentlich nicht hingehören: bei dem betroffenen Staatsanwalt. Der
wollte mit der Beschlagnahmeaktion sicher stellen, dass Büttner auch der
Autor des umstrittene Tagessatz-Artikels ist. Er erhoffte sich
Hinweise auf den Festplatten. Jetzt liegt ihm aber eine der brisantesten
Datensammlungen über das braune Netzwerk in Deutschland und die über das
Internet gehaltenen internationalen Verbindungen vor. Und Manfred
Büttner befürchtet Schlimmes: "Die wollen mich lahm legen".
Für die Kasseler Staatsanwaltschaft sieht die
Computeraktion eher harmlos aus. Hans-Manfred Jung, Sprecher der
Kasseler Staatsanwaltschaft am Mittwoch: "Herr Büttner bestreitet die
Urheberschaft. Deshalb die Durchsuchung." Die erfolgte allerdings erst
Monate nach Erscheinen des Artikels. Und das, wo Manfred Büttner doch
seit Jahren bekanntermaßen für seine vielen Artikel immer wieder ein
Pseudonym benutzt: B. Frantner. Das hätte auch der Staatsschutz
wissen können.
Quelle: Eberswalder Infosystem
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07.08.2001 |