Erinnerung an einen verdrängten Ort des Grauens
Das Konzentrationslager Wöbelin
Vor allem der Initiative des ehemaligen Corporals
der US-Armee, Leonard Linton ist es zu verdanken, dass mitten in
Ludwigslust die Gräber von 200 Opfern der Deutschen im
Nationalsozialismus als Gedenkstätte wieder sichtbar gemacht werden.
Als Außenstelle des KZ Neuengamme konzipiert und nie
richtig fertig gestellt, existierte das KZ Wöbbelin bei Ludwigslust nur
zehn Wochen. Genau vom 12. Februar bis zum 2. Mai 1945. Das nur
notdürftig errichtete Lager diente als Auffangplatz für die
Todesmärsche, auf welche die Häftlinge gejagt wurden, um in den
Vernichtungslagern möglichst viele Spuren zu verwischen.
Franz Unikower, Überlebender der Konzentrationslager
Auschwitz, Mittelbau-Dora und Ravensbrück, dann späterer Justiziar der
jüdischen Gemeinde in Hessen, beschreibt in seinem Bericht die Zustände
im Lager: " Die grauenvollen Zustände im Lager Wöbbelin entsprachen
nicht den primitivsten Anforderungen an einen Massenaufenthalt von
Menschen...Überall herrschte furchtbarer Gestank und ein
unbeschreiblicher Schmutz". Unikower wurde, wie andere auch, durch die
82. Luftlandedivision der Amerikaner befreit.
Auch ohne Gaskammern und Massenhinrichtungen hatte, so
Überlebende, Wöbbelin den Charakter eines Vernichtungslagers. Täglich
starben 60 bis 100 Menschen, insgesamt mehr als 1000 der 5000 dorthin
verschleppten. Die einzige Wasserquelle, eine Handpumpe, war verpestet
und stank. Die Leichen wurden im Waschraum gestapelt und Kranke hilflos
auf dem Boden liegen gelassen, bis sie starben.
Die Amerikaner, welche das Lager zufällig entdeckten,
konfrontierten die deutsche Bevölkerung mit dem Grauen. Zivilisten
mussten durch das Lager defilieren und die Bevölkerung von Ludwigslust
musste die 200 Einzelgräber für die letzten Opfer des deutschen
Vernichtungswillens ausheben. Die Bürger und Bürgerinnen von Ludwigslust
wurden am 8. Mai zur Bestattungszeremonie befohlen. Leonard Linton,
inzwischen Ehrenbürger von Schwerin erinnert sich: "Alle sollten sehen,
welche Schande geschehen war" und berichtet weiter, dass "einige
Zivilisten ärgerlich erzählten, sie hätten nichts mit dem
Konzentrationslager zu tun gehabt und fast nichts von seiner Existenz
gewusst, nur wenige Kilometer von Ludwigslust entfernt."
Entsprechend wurde auch die Erinnerung an das KZ
Wöbbelin gestaltet. Zwar gab es im Ortskern von Wöbbelin zu DDR-zeiten
eine Mahn- und Gedenkstätte, das Gräberfeld am Rande des Stadtkerns von
Ludwigslust diente jedoch als Spielwiese und Hundeauslaufgebiet. Die
Gräber wurden nicht gepflegt und verfielen.
Die inzwischen überwachsenen Gräber werden wieder
hergerichtet und sichtbar gemacht: 149 Granitplatten werden mit Kreuzen
versehen, 51 Granitplatten mit dem Davidstern. Die Initiative dazu ging
von dem US-Amerikaner Leonard Linton und nicht etwa von der Stadt
Ludwigslust aus. Er hatte vorgeschlagen die KZ-Gräberstätte, über deren
Zustand er befremdet war, wieder herzurichten und dies aus öffentlichen
und privaten Geldern zu finanzieren. Der heute Achtzigjährige Linton
sammelte die Hälfte der Kosten von ungefähr 50. 000 DM für die
Gedenkplatten bei ehemaligen Mitgliedern seiner Division, von
KZ-Überlebenden und US-Regierungsbehörden. Der Beginn der
Herrichtungsarbeiten musste schon einmal verschoben werden: Wegen eines
angemeldeten Aufmarschs der NPD.
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05.05.2001 |