Naziprozess:
Verurteilung des SS-Mörders
Julius Viel
Vom Landgericht Augsburg wurde am
Dienstag der ehemalige SS-Offizier Julius Viel 56 Jahre nach seiner Tat
wegen der Ermordung von sieben jüdischen Zwangsarbeitern zu zwölf Jahren
Haft verurteilt. Viel bestritt bis zuletzt seine Morde.
Viel hatte im Frühjahr 1945 jüdische
Häftlinge des Gestapogefängnisses „Kleine Festung“ in Theresienstadt
ermordet. In seiner Urteilsbegründung stellte der Vorsitzende Richter
Hermann Winkler fest, der Angeklagte habe „ohne Sinn und Verstand“
sieben Menschen erschossen. Viel wurde auf Grund der Aussage seines
ehemaligen Untergebenen, des in Kanada lebenden Wirtschaftsprofessors
Adalbert Lallier verurteilt.
Lallier war ein Schüler von Viel an
der SS-Nachrichtenschule im ehemaligen Leitmeritz gewesen und seit
Februar 1945 zur Bewachung von Zwangsarbeitern aus Theresienstadt
abgeordnet. Während der Arbeiten zur Aushebung eines Panzergrabens kamen
insgesamt 180 Zwangsarbeiter unter zum Teil äußerst grausamen Umständen
ums Leben. Lallier beobachtete, wie sein Vorgesetzter Viel eines Tages
ohne ersichtlichen Grund die sieben jüdischen Häftlinge erschoss.
In seinen Schilderungen betonte
Lallier, dass er dies sofort bei Viels Vorgesetzten gemeldet habe,
jedoch zum Schweigen verpflichtet wurde. Aus welchen Gründen Lallier vor
drei Jahren diese Aussage tätigte, welche zur Verhaftung seines
ehemaligen Vorgesetzten führte ist unklar. Viels Verteidigung versuchte
denn auch die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu erschüttern und mutmaßte,
dass der heutige Professor Lallier aus Angst und Panik davor gehandelt
hätte, als SS-Scherge enttarnt und aus Kanada ausgewiesen zu werden. Mit
seiner Aussage habe er sich als „guter Mensch“ präsentieren wollen.
Richter Winkler betonte demgegenüber
in seiner Urteilsbegründung ausdrücklich die Glaubhaftigkeit von
Lallier. Dieser hätte überhaupt keine Grund gehabt Viel zu belasten.
Zwar habe sich Lallier wegen des langen Zeitraums nicht mehr an alles
erinnern können und sich zum Teil in Widersprüche verwickelt. Den Kern
des Tathergangs habe er aber immer gleich und sehr detailreich
geschildert. Ein Lügner, so die Argumentation des Richters, würde jedoch
seine Geschichte möglichst detailarm halten, um nicht überführt zu
werden.
In Tschechien wurde die Verurteilung
des SS-Mörders einhellig begrüßt. Der Historiker Marek Poloncarz nannte
das Urteil „einen großen Sieg der Justiz“. Es sei wichtig, dass ein
Täter auch nach solch langer Zeit verurteilt werde. Auch das Prager
Außenministerium begrüßte den Richterspruch.
IS
/ klick-nach-rechts.de
04.04.2001 |