Die Bevölkerung
an rechte Dominanz gewöhnen:
Was sind "national
befreite Zonen?"
von Jörg Albinsky
Im Juni 1991 schreibt der Rechtsradikale Thomas Hetzer einen Artikel,
der bis heute zu einem der wichtigsten Strategiepapiere der rechten
Szene zählt: "Schafft befreite Zonen!". Die darin erstmals erwähnten
"national befreiten Zonen" wurden 2000 zum Unwort des Jahres gewählt. In
nur 9 Jahren wurde der Begriff vom internen Code zum
öffentlichkeitswirksamen Schlagwort. Zunächst veröffentlicht in der
"Vordersten Front", der Zeitschrift des Nationaldemokratischen
Hochschulbundes, erlangte das Pamphlet Mitte der 90er Jahre via Internet
zusätzliche Verbreitung in dem von Hetzer mitgegründeten Thule-Netz.
Bevölkerung soll sich an rechte Dominanz gewöhnen
Der Artikel fordert für den Raum "Mitteldeutschland" (womit
Ostdeutschland gemeint ist) die Schaffung von "Freiräumen, in denen wir
faktisch die Macht ausüben, in denen wir sanktionsfähig sind, d.h., wir
bestrafen Abweichler und Feinde..." Das Grundprinzip, der Kampf um die
Straße, geht auf den kommunistischen italienischen
Revolutionstheoretiker Antonio Gramsci zurück. Nicht der Staat als
Ganzes soll gestürzt, sondern in Guerilla-Manier unterwandert werden.
Die "Zone" dient dabei als Basislager, das auch wirtschaftliche
Unabhängigkeit ermöglichen soll. Nach und nach, so die Strategie, soll
sich die Bevölkerung an die partielle Vormachtstellung gewöhnen. Eine
solche "Zone" kann alles mögliche sein: eine Kneipe oder eine
Bushaltestelle, ein Schulhof oder ein ganzes Stadtviertel. Entscheidend
ist, dass dort die Neonazis das Sagen haben, dass Staat und Grundgesetz
nicht mehr wirken.
Beispiel Heilsberg
In der 200-Seelen-Gemeinde Heilsberg bei Saalfeld pachten Rechtsradikale
im April 1997 die Dorfkneipe. Schnell entwickelt sich der Schankraum zu
einer Hochburg der organisierten Neonazi-Szene. Aus dem Dorf wagt sich
niemand mehr in den einzigen öffentlichen Raum der Gemeinde. Aber es
protestiert auch keiner – nicht der Bürgermeister, nicht der Pfarrer.
Denn die Glatzen, so die Meinung vieler Dörfler, bewegten sich
ordentlich und ohne Randale. Auch Helmut Roewer, der damalige
Verfassungsschutzpräsident von Thüringen, duldet ein halbes Jahr die
Kneipe, da "jegliche Szene immer irgendwelche örtlichen Schwerpunkte
braucht“. Erst dann führt die Polizei eine Großrazzia durch - und findet
Thüringens größtes bisher entdecktes Waffenlager. Hier ist die Strategie
der "national befreiten Zonen" über Monate aufgegangen. Auch wenn schwer
zu beurteilen ist, was die "Zone" war: die Kneipe oder das ganze
duldende Dorf. "National befreite Zonen" sind demnach keine
geographischen Orte. Es sind sich ändernde Räume, zeitlich und örtlich,
in denen dank Einschüchterung der Ungeist der Neonazis herrscht. Das
Schlimmste an Heilsberg aber ist, dass die Rechten nicht viel zu
"befreien" brauchten. In den "Zone Heilsberg" gab es keinen Widerstand.
|
Das Buch
"Nach
Hitler Radikale rüsten auf"
ISBN-Nr. 3-570-00566-6
C. Bertelsmann Verlag
/
40,- DM
-
Teil 1: Täter
Phoenix 14. Juni 20.15 - 21.45 Uhr,
Das Erste 14.Juni 21.45 - 22.30 Uhr
mehr zum Film
-
Teil 2: Führer
Phoenix 21. Juni 20.15 - 21.45
Uhr,
Das Erste 21.Juni 21.45 - 22.30 Uhr
-
Teil 3: Verführer
Phoenix 28. Juni 20.15 - 21.45 Uhr,
Das Erste 28.Juni 21.45 - 22.30 Uhr
|
|