Buchbesprechung
Rechtsextremismus im
Internet
Das Thema Rechtsextremismus im Internet wird in den
vergangenen Monaten von Politik und Medien verstärkt aufbereitet, nur
die Anzahl an Publikationen in Buchform ist bislang gering. Im Frühjahr
2001 erschien im Münchener OLZOG-Verlag "Rechtsextremismus im Internet.
Die neue Gefahr" von Rainer Fromm und Barbara Kernbach.
Das Thema Rechtsextremismus im Internet anzugehen und
dabei eine vollständige Beschreibung sämtlicher nazistischer oder
rechtsextremistischer Seiten zu liefern ist wohl unmöglich. Alleine 500
Homepages wurden bis Mitte 2000 von deutschen Rechtsextremen ins Netz
gestellt, die Zahl der internationalen Seiten übertrifft dies um ein
Vielfaches. Rainer Fromm und Barbara Kernbach
ist es allerdings gelungen einen repräsentativen Überblick vor allem
über deutsche Nazi-Homepages zu liefern. Sie analysieren nicht nur die
parteigebundenen und revisionistischen Angebote, sondern beschreiben
auch die Inhalte aus den subkulturellen Spektren der Rechtsextremen, wie
Skinhead-, Dark Wave- und Black Metal Sites. Dabei wird auch die
Bedeutung der Subkulturen innerhalb des rechten Lagers dargestellt.
Gerade Subkulturen bieten vielen Jugendlichen einen Berührungspunkt zum
Rechtsextremismus, da sie weitaus stärker als Parteien oder die sich
wissenschaftlich gebenden Revisionisten, auch eine Ausstrahlung und in
weiten Teilen Deutschlands eine Hegemonie in den Lebenswelten junger
Menschen besitzen. Auch die Zentralität, welche der Antisemitismus für
die verschiedenen Lager der Rechtsextremen einnimmt und der ein
ideologisches Bindegglied darstellt, wird immer wieder beispielhaft
herausgearbeitet. Bei der Menge des vom Autor
und der Autorin gesichteten Materials im Internet bleiben die
Darstellungen mancher Nazi-Seiten zwangsläufig verkürzt, was aber nicht
unbedingt ein Manko ist, da sich das Buch vor allem an Lehrer,
Sozialarbeiter und andere Multiplikatoren richten soll, die sich so
einen Überblick über die Nutzung des Mediums Internet durch
Rechtsextreme verschaffen wollen. Das Nazis bestrebt sind sich im
Internet so etwas wie "national befreite Zonen" zu schaffen, wird an
Hand von Zitaten eindrucksvoll belegt. Allerdings befremdet eher das
häufige Zitieren aus den Berichten der Landesämter des
Verfassungsschutz. Hier würde ein breiteres Quellenstudium sicher einen
tieferen Einblick geben. Wichtig und sicherlich
für ein breiteres Publikum innovativ wirkend, ist der Versuch
verschiedene Gegenstrategien zur rechtsextremen Einflussnahme im World
Wide Web zu diskutieren. Das allerdings ausgerechnet unter dem Abschnitt
"Gegenstrategien: Aufklärung im Internet" die Adresse "nazis.de"
beispielhaft hervorgehoben wird kann wohl doch als arger Lapsus
betrachtet werden. Die dortigen Diskussionsforen "für und mit
Rechtsextremisten" bieten Nazis geradezu ein Tummelfeld zur Agitation,
dem auch von kaum einer Seite qualitativ etwas entgegengesetzt wird.
Diskussionen mit überzeugten Nationalsozialisten sind, zumindest in so
einem Rahmen, kontraproduktiv und legitimieren diese menschenverachtende
Ideologie. Abschließend seien noch auf zwei
wichtige Mängel von "Rechtsextremismus im Internet" erwähnt. Ein Sach-
und Personenregister fehlt leider völlig und auch die Bibliographie ist
extrem lückenhaft. Ein Standardwerk für alle, die sich mit
Rechtsextremismus weiter auseinandersetzen wollen, wie das "Handbuch
Deutscher Rechtsextremismus" herausgegeben von Jens Mecklenburg, wird
beispielsweise nicht erwähnt. Eine zweite Schwachstelle, die allerdings
nicht nur dem Autor und der Autorin anzulasten ist, stellt die
ausschließliche Verfügbarkeit des Buches in Printform dar. Ein Werk,
dass sich Rechtsextremismus im Internet zum Thema macht, sollte auch
Online lesbar sein. Die Publikation solcher Texte im Internet stellt,
wie von Fromm/Kernbach ja diskutiert eine Möglichkeit der Aufklärung
dar. Erfahrungsgemäß würde auch der Verkauf der Auflage nicht unter
dieser, zusätzlichen, Veröffentlichungsform leiden.
Trotz einiger Schwachstellen ist
"Rechtsextremismus im Internet" von Rainer Fromm und Barbara
Kernbach (Olzog München, 2001, 288 S.) ein empfehlenswertes Buch, auch
für Menschen, die sich gegen Nazis engagieren wollen.
IS/klick-nach-rechts.de
26.05.2001 |