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Judentum und Israel
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SZ vom 20.03.2001 Bayern

Ein Jude aus New York in Dinkelsbühl

Der gebürtige Franke Hans Rosenfeld 
referiert an Schulen über die NS-Zeit

Von Jim G. Tobias

Dinkelsbühl – Es ist mucksmäuschenstill im Klassenzimmer des Dinkelsbühler Gymnasiums. Bei den 60 Schülern im Alter zwischen 15 und 16 Jahren herrscht gespannte Erwartung. Geschichte steht auf dem Stundenplan. Doch an diesem Tag werden nicht der Punische Krieg, die Schlacht im Teutoburger Wald oder die Sozialgesetze unter Bismarck gepaukt. Es steht auch keiner der vertrauten Lehrer hinter dem Pult. Heute spricht der im fränkischen Schopfloch geborene Hans Rosenfeld aus New York zu der Klasse. „Hass ist der größte Feind der Menschheit“, sagt der vor über einem halben Jahrhundert aus seiner Heimat vertriebene Jude.

Der heute 75-Jährige weiß wovon er spricht. Als „Judenbub“ war er tagtäglich den Hänseleien und Anfeindungen seiner Mitschüler ausgesetzt. Der Lehrer zwang ihn vor dem Klassenzimmer stramm zu stehen. Auch die Eltern wurden ausgegrenzt und mussten den alltäglichen Hass, die Abneigung und den Spott ertragen. Aus der dörflichen Enge Schopflochs übersiedelte die Familie 1934 nach Neumarkt. Doch auch in der Kleinstadt verbesserte sich die Situation der jüdischen Familie nicht. An allen Geschäften waren Schilder mit der Aufschrift „Juden sind hier unerwünscht“ angebracht, erinnert sich Hans Rosenfeld: „Regelmäßig wurde ich in den Pausen durch die arischen Schüler verprügelt.“ Der Onkel, der Arzt war, bekam Berufsverbot von den Nazis. Als seinem Vater nahe gelegt wurde, sich sterilisieren zu lassen, entschieden sich die Rosenfelds auszuwandern.

Im Januar 1937 verließ die Familie Deutschland. Fortan wollte Hans Rosenfeld mit der alten Heimat nichts mehr zu tun haben. Nie wieder wollte er deutschen Boden betreten. Bei einer Europareise 1968 änderte sich jedoch seine Einstellung. Von Amsterdam aus wollte er mit dem Schiff nach Strasbourg fahren. Es gab aber nur eine deutsche Schifffahrtslinie, die diese Route anbot. Hans Rosenfeld biss in den sauren Apfel. Er wollte aber kein Wort deutsch sprechen. Beim Abschiedsfest auf dem Dampfer lernte er den jungen deutschen Kapitän kennen. Da dieser nur mangelhaft Englisch sprach, entschloss sich Rosenfeld doch Deutsch zu reden. Der Kapitän wollte wissen, wo er die Sprache gelernt habe. Der Emigrant gab sich als deutscher Jude zu erkennen. Der Kapitän bat um Verzeihung. „Der junge Mann entschuldigte sich für etwas, woran er keine Schuld hatte“, erklärt Rosenfeld den Schülern. Diese Erfahrung löste eine innere Wende aus. Seitdem setzt sich der gebürtige Franke für Versöhnung zwischen Juden und Christen ein. „So etwas wie der Nationalsozialismus darf nie wieder passieren“, fordert Rosenfeld und appelliert an die Schüler: „Ihr habt die Freiheit gegen Hass und Gewalt aufzustehen.“ Seitdem er nicht mehr im Berufsleben steht, zieht es den New Yorker ein bis zwei Mal pro Jahr in die alte Heimat. Seine Referate an fränkischen Schulen gehören mittlerweile zum Pflichtprogramm seiner Urlaubsreisen.

 


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