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Morddrohung gegen jüdisches Ehepaar
in Cottbus
Am Neujahrsmorgen gegen 8.30 Uhr grölten unbekannte
Täter vor dem Dreifamilien-Haus eines in Cottbus lebenden jüdischen
Ehepaares Morddrohungen. Die Unbekannten riefen: "Wir schlagen euch tot,
kommt raus ihr Schweine".
Danach traten sie das Gartentor zu dem Grundstück ein.
Die Täter waren verschwunden noch bevor der 72-jährige Mann aus dem
Fenster sehen konnte. Nachdem das Ehepaar von sich aus keine Anzeige
erstatten wollte, wurde es von dem Vorsitzenden des Aktionsbündnis gegen
rechte Gewalt, Rolf Wischnath, dazu ermuntert. Daher wurde der Vorfall
auch erst am 3. Januar bekannt.
Die beiden Polizeibeamten, welche die Anzeige
aufnahmen suchten das betagte Ehepaar in ihrer Wohnung in der Cottbusser
Innenstadt auf und fragten beide, ob sie sich bedroht fühlen würden-
Einer der Beamten sagte, wenn dies so sei, dann müssten beide in
Schutzhaft
genommen werden. Der Polizeipräsident von Cottbus, Jürgen Lüth bestätige
in der Berliner Zeitung, dass einer der Beamten das Wort Schutzhaft
gebraucht hätte. Der anzeigeaufgebende 72-Jährige fühlte sich durch
diese Wortwahl in die Nazizeit zurückversetzt und bekam augenscheinlich
Angst. Der Cottbusser Polizeipräsident nahm seinen Beamten mit den
Worten in Schutz: "Er hat nicht gewusst, dass es sich um ein Ehepaar
jüdischer Herkunft handelt und der Mann durch die Judenverfolgung einen
nahen Verwandten im Konzentrationslager verloren hat." Immerhin
entschuldigte sich Jürgen Lüth gemeinsam mit dem Beamten bei dem
Ehepaar. Ob die Wortwahl des Polizisten in einem anderen Zusammenhang
weniger geschmacklos wäre ist allerdings zu bezweifeln. Erschreckend ist
vielmehr das große Maß an politischer Unbildung eines Polizisten der
sich eines nazistisch geprägten Wortes bediente, ohne sich eines
Problems bewusst zu sein.
In Cottbus ist eine fünfköpfige Ermittlungsgruppe für
den Fall eingesetzt worden, die allerdings in alle Richtungen ermittelt.
"Für einen rechtsradikalen Hintergrund gibt es erst einmal keine
Anzeichen. Es gab keine Schmierereien oder dergleichen", sagte Lüth. Im
Kontrast dazu stehen allerdings die Äußerungen von Rolf Wischnath vom
Aktionsbündnis gegen rechte Gewalt. Er erwähnte, dass sich das Ehepaar
nicht das erstemal durch Rechtsextreme bedroht gefühlt hat. jeder Rechte
wisse von der jüdischen Herkunft der Familie. "Rechtsradikale gehen vor
dem Haus der Betroffenen häufig auf und ab", so Wischnath.
Weitere Informationen:
Antisemitische Vorfälle in Brandenburg
IS / 04.Januar
2001 |