Uta Leichsenring - Eberswalde:
Polizeipräsidentin macht gegen Rechts mobil
Die Eberswalder
Polizeipräsidentin Uta Leichsenring hat sich den Kampf gegen den
Rechtsextremismus auf die Fahnen geschrieben. Mit großem Erfolg - der
ihr offenbar beruflich nichts nützt.
An ihren ersten Arbeitstag im
neuen Amt erinnert sich Uta Leichsenring (50) noch genau. "Da saß ich
plötzlich vor einer Riege hochrangiger Polizisten und wusste: Wenn die
mich Neuling über den Tisch ziehen wollen, dann schaffen sie es auch."
Doch die Frau mit den blonden Haaren und den bernsteinfarbenen Augen
ließ sich damals von der Übermacht der Männer in Uniform nicht bange
machen: Mitte 1991 übernahm die studierte DDR-Ökonomin die Leitung des
Polizeipräsidiums Eberswalde mit heute etwa 1000 Mitarbeitern in Barnim
und der Uckermark im brandenburgischen Nordosten. Der Respekt der
Polizisten und Verwaltungsangestellten ist ihr sicher. In einem Gebiet
von nahezu der doppelten Größe des Saarlands sorgt erstmals eine Frau
für Recht und Ordnung.
Statt auf raue Kommandotöne setzt die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin auf
Überzeugungskraft und Diskussion. "Polizisten sollen wollen, was sie
machen sollen", lautet ihre listige Maxime. Leichsenring hat es nicht
leicht gehabt. Als sie ihr Amt antrat, war in Eberswalde kurz zuvor der
Angolaner Antonio Amadeo von einer Horde Rechtsradikaler auf offener
Straße erschlagen worden - unter den Augen mehrerer Polizisten, die
nicht eingriffen, weil sie sich vor dem Mob fürchteten.
Nach diesen bitteren Erfahrungen entwickelte die neue Polizeipräsidentin
ein bundesweit beachtetes Konzept zur Bekämpfung des Rechtsradikalismus,
das über polizeiliches Eingreifen weit hinausging. So engagiert sich die
einstige Mitarbeiterin der Gauck-Behörde persönlich in mehreren
Bürgerinitiativen und mahnt die früheren DDR-Bürger, sich nachdrücklich
für eine demokratische Zivilgesellschaft stark zu machen.
Die eigentliche Bewährungsprobe kam im Sommer 1996, als acht Beamte der
Polizeiwache Bernau beschuldigt wurden, vietnamesische Zigarettenhändler
im Wachlokal misshandelt und gequält zu haben. Leichsenring suspendierte
alle acht vom Dienst und handelte sich dafür wütende Proteste der
Polizeigewerkschaft ein. Inzwischen sind vier der betroffenen Beamten zu
Haft- oder Geldstrafen verurteilt worden, die anderen wurden
freigesprochen.
Knapp fünf Jahre später ist aus der Polizei in den Landkreisen Barnim
und Uckermark eine schlagkräftige Truppe geworden, die rechtsradikalen
Straftätern konsequent auf der Spur bleibt. Die meisten Überfälle,
Übergriffe und Schmierereien werden aufgeklärt, weil die Beamten ihre
Pappenheimer inzwischen bestens kennen. Keine Frage, dass Leichsenring
ein Verbot der NPD unterstützt.
Ihr Kampf gegen Rechts ist bereits mehrfach gewürdigt worden. Im
vergangenen Sommer wurde die Mutter von zwei erwachsenen Söhnen und
Großmutter von drei Enkelkindern mit dem renommierten
"Theodor-Heuß-Preis für Demokratie und Zivilcourage" ausgezeichnet. Im
April kommenden Jahres erhält sie den von zwölf deutschen Lutherstädten
ausgesetzten Preis "Das unerschrockene Wort". Begründung: Leichsenring
habe sich "über ihre Pflichtaufgaben hinaus dafür eingesetzt, die
Öffentlichkeit gegen rechte Gewalt zu mobilisieren".
Doch was der engagierten Polizeipräsidentin bundesweit Ehrungen
einbringt, dürfte ihr beruflich kaum nützen. Der brandenburgische
Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat angekündigt, die Zahl der
Polizeipräsidenten im Lande von fünf auf zwei oder höchstens drei zu
verringern. Wer von den fünf Präsidenten sein Amt behält, ist noch offen
- der Name Uta Leichsenring taucht zur Zeit auf keiner Liste auf...
VON DIETER STÄCKER, EBERSWALDE |