9.November 1938 - 9.
November 2000
62 Jahre nach der Reichspogromnacht -
Kein Vergessen! Kein Vergeben!
Do, 9.11.2000, 17 Uhr Gedenkkundgebung
am Mahnmal Lewetzowstraße (Moabit)
anschließend antifaschistische Demonstration
zum Mahnmal auf der Putlitzbrücke
Die Antifaschistische Initiative Moabit führt seit der Wiedervereinigung
der beiden deutschen Staaten am 9. November eine Gedenkkund- gebung mit
anschließender Demonstration durch:
An diesem Tag wollen wir der
mehr als 6 Millionen Juden und Jüdinnen gedenken, die von Deutschen ermordet
wurden. Die Reichspogrom- nacht am 9. November 1938 war ein bedeutender
Schritt von der totalen Ausgrenzung, Entrechtungund Beraubung der Juden und
Jüdinnen hin zum Holocaust. Der rassistisch-biologistischen Ideologie fielen
auch Millionen von Sinti und Roma, sogenannte Behinderte,Homosexuelle und
BewohnerInnen der überfallenen Länder in Europa zum Opfer.
Die Lehren von der
biologistischen und rassistischen Ungleichheit der
Menschen und daraus abgeleitet, deren unterschiedliche Stellung in der
Gesellschaft ist jedoch keine Erfindung der Nazis. Lange vorher sind sie
gewachsen. Viele Deutsche sind heute immer noch von diesen Lehren überzeugt.
Die Ideologie des Nationalsozialismus hebt sich aber von seinen Vorläufern,
Mitläufern und Nachahmern durch ihre Konsequenz ab. Sie wandte die
radikalste Methode an, um bestimmte Gruppen aus der "Volksgemeinschaft"
auszugrenzen – den Massen- mord.
Auch heute werden Millionen von
Menschen, die sogenannten "Anderen" ausgegrenzt, geschmäht und beleidigt.
Die Anschläge auf Synagogen wie in Erfurt, Düsseldorf und Berlin-Kreuzberg,
die Schändungen von jüdischen Friedhöfen wie in Berlin-Weißensee und Potsdam
reißen nicht mehr ab. Eine gesellschaftliche Mehrheit, die sich entschieden
gegen diese Entwicklung stellt gibt es zur Zeit nicht. "Es kann nicht sein,
daß die Bekämpfung des Rassismus und Antisemitismus sowie der
Fremdenfeindlichkeit den Juden und Jüdinnen überlassen wird, während ein
Teil der Bevölkerung sich dadurch eher belästigt fühlt,..." stellte der
verstorbene, ehemalige Vorsitzende des Zentralrates der Juden in
Deutschland, Ignatz Bubis, 1998 fest.
Zwei Jahre später fragt sich
sein Nachfolger Paul Spiegel, angesichts der Anschläge auf Synagogen und der
geringen Beteiligung an Demonstrationen gegen Rechts, ob es richtig war,
jüdische Gemeinden in Deutschland wieder aufzubauen. Der jüdischen Gemeinde
und ihren offiziellen VertreterInnen, den Sinti und Roma
und allen Menschen die am 9.November zur Großdemonstration gehen werden,
weil sie in diesem Land strikt gegen Rassismus und Anti- semitismus sind,
wollen wir hiermit unsere Solidarität erklären.
Diese Demonstration wird aber auch von der Bundesregierung, Parteien und
Gewerkschaften mitgetragen. Jahrelang haben diese den Rassismus aus der
Mitte der deutschen Gesellschaft, der auch immer laute antisemitische
Untertöne hatte, verharmlost. Nach den rassistischen Pogromen von
Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen (gegen Romas!) haben sie das Recht auf
Asyl faktisch abgeschafft.
Es sind die gleichen Personen,
die sogenannte AusländerInnen in Haft
nehmen, nur weil diese aus ihren Ländern flüchten mußten, um sie dann in den
sicheren Tod abzuschieben. Sie nehmen in Kauf, daß es eine Vielzahl von
verzweifelten Menschen gibt, die dadurch in den Selbst- mord getrieben
werden. Per "Greencard" werden AusländerInnen in nützliche und unnütze
Menschen sortiert.
Alle die nicht die gewünschten
Qualifikationen mitbringen, werden
weiterhin vom Bundesgrenzschutz an der Grenze abgefangen und
zurückgeschickt, in Flüchtlingsheimen kaserniert und brutal abge- schoben.
Die gleichen Personen sind es auch, die im Namen von Auschwitz Krieg im
Kosovo führten, die bei den Entschädigungsverhandlungen für die ehemaligen
NS-ZwangsarbeiterInnen auf der Seite der deutschen Wirtschaft standen, die
jetzt nicht einmal die lächerliche Summe von 5 Milliarden DM
zusammenbekommen will. Wir vermuten daher, daß das aufgeregte Engagement
gerade der Initiatoren dieser Politik mehr eine Frage des Standortfaktors
ist, als der wirklichen Solidarität mit den Opfern von Rassismus und
Antisemitismus.
Der 9. November darf niemals ein
Feiertag der Deutschen werden. Gerade an diesem Tag heißt Deutschland denken
auch Auschwitz denken.
Begleitend zu Kundgebung und Demonstration wird es
Unterschiedliche Veranstaltungen zum Thema geben.
5. November : 19 Uhr im Dragofumante, Kinzigstr. 9, Friedrichshain,
Mobilisierungsveranstaltung für den 9. November
Facetten der Morde im NS
Vortrag und Film "Sichten und Vernichten" (Ernst Klee)
14. November: 19 Uhr im "Frei Spielen", Esmarchstr. 5, ( Tram 2, 3, 4
Hufelandstr.)
Jüdischer Widerstand im Prenzlauer Berg und Berlin
Referent Michael Kreuzer
16. November: 19 Uhr Regenbogenkino, Lausitzer Str. 22, Kreuzberg,
Kontinuitäten psychiatrischer bzw. medizinischer Praxis in Deutschland
Verwicklung der Ärzte in den NS und das Weiterwirken der Personen und des
Denkens
Mit dem Film "Der Pannwitzblick" und dem Referenten Udo Sierck
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