Von Karl Pfeifer
Die Welt steht nimmer lang, könnte meinen, wer in "Zur Zeit" Nr.
3/03 den Artikel über "Presse"-Konfusionen liest, in dem ein "weiterer
Linksrutsch" dieser konservativen Wiener Tageszeitung befürchtet wird.
Anlaß für den Artikel, der stellvertretende Chefredakteur Michael
Fleischhacker hat in der Grazer "Kleinen Zeitung" verkündet, die Presse
werde ab Februar "deutlich anders aussehen", aber "für unsere Leser
wieder erkennbar bleiben".
"Wie kommt es," fragt der erboste Autor, "daß nicht Chefredakteur
Andreas Unterberger und nicht der Verlagsleiter, sondern ein
stellvertretender Chefredakteur eine solche Revolution verkündet?" Da
kommt wieder der autoritätshörige Kleingeist zum Vorschein, für den
schon die Verletzung der hierarchischen Rangordnung "Revolution"
scheint.
Schlimmes steht also bevor, diese Neugestaltung "werde zu einem
weiteren Linksruck der ohnedies bereits jetzt links-lastig angepaßten
"Presse" führen." Und jetzt bitte halten Sie sich fest: "Schon macht im
Zusammenhang mit dem Hause "Styria" [Besitzerin der "Presse, die
wiederum der katholischen Kirche gehört K.P.] das Wort vom
"Herz-Jesu-Marxismus" die Runde. Insgesamt eine tragische Entwicklung
für eine traditionsreiche österreichische Tageszeitung, die sich einst
als "bürgerlich" definierte". Wahrlich, die Welt steht nimmer lange.
"Zur Zeit" entdeckt in der Neuen Zürcher Zeitung "Kantönligeist"
Wehe dem Wiener Korrespondenten des Weltblatts "Neue Zürcher Zeitung,
der das schwarz-blaue Gemeinschaftsprojekt "Zur Zeit" als
"Rechtsextremisten-Gazette" qualifiziert. Dem erteilt das Wiener
Winkelblatt Nachhilfeunterricht in Journalismus. Der schweizer
Journalist, der es wagte, wird als "eine Figur mit dem blumigen Namen
Charles A. Ritterband" hingestellt. Er hat über die antisemitischen
Aussagen "des Kaisersprosses Otto von Habsburg" berichtet. Und weil das
Ignorantentum in "Zur Zeit" fröhliche Urständ feiert, behauptet der "Zur
Zeit" Schreiber: "Herr Ritterband hingegen, der sich weltläufig Charles
nennt, um zu signalisieren, daß er die eidgenössische Enge geistig
überwunden zu haben glaubt...".
Nun ist die Schweiz ein mehrsprachiges Land und eine der offiziellen
Sprachen ist französisch und Charles heißt auf französisch Karl. Wenn
ein Schweizer einen französischen Vornamen hat, dann fällt das genauso
wenig auf, wie wenn ein österreichischer Bundesrat, der zufällig auch
einer der Herausgeber von "Zur Zeit" ist John als Vornamen trägt.
Wehleidig beklagt "Zur Zeit", daß Ritterband, "der Korrespondent eines
angeblich ach so seriösen ach so objektiven Weltblattes" ein Medium
seines Gastlandes, "in dem honorigste Persönlichkeiten schreiben und
schreiben, dem Repräsentaten aller politischen Coleurs Interviews geben
und das von Republik Presseförderung bekommt, als "extremistisch"
verteufelt". Die Tatsache, dass Politiker aller politischen Coleurs dem
Sudelblatt zur Verfügung stehen spricht nicht für das Blatt sondern
gegen diese Politiker.
"Zur Zeit" prangert "jüdische Kriegsverbrechen" an
Auf Seite 2 von "Zur Zeit" entdecke ich im Inhaltsverzeichnist "A.Hofer
über jüdische Kriegsverbrechen" und schau mir den Artikel an. Doch da
lese ich den Titel "Zionistische Kriegsverbrechen/Erschütternde Berichte
über Verbrechen, die von "korrekten" Medien verschwiegen werden. Die
linken und rechten "Antizionisten" beteuern immer wieder, Juden nicht
mit Zionisten zu verwechseln. Aber "Zur Zeit" macht gerade das. Es ist
natürlich ein Unding israelisch als synonym durch jüdisch oder
zionistisch zu ersetzen, denn in der israelischen Armee dienen auch eine
Menge Nichtjuden, Drusen, Beduinen, Tscherkessen und andere
nichtjüdische Bürger des Staates Israel.
Es geht um Menschenrechtsverletzungen, die Amnesty International in
Israel (aber auch bei der Palästinensischen Autonomiebehörde bzw. bei
palästinensischen Terroristen) festgestellt hat. Natürlich haben seriöse
österreichische Medien darüber berichtet. Ein Blick auch in das Archiv
der Tel Aviver Tageszeitung "Haaretz"
genügt, um festzustellen, dass nichts verschwiegen wird. Allerdings "Zur
Zeit" verschweigt den Teil des Amnesty Berichtes, der sich mit
palästinensischen Menschenrechtsverletzungen beschäftigt.