Irvings Lügen über Hitler:
Methoden der
Geschichtsfälschung
Von Karl Pfeifer
Erschienen im Ballhausplatz,
4. Juni 2001
Zuerst einmal eine persönliche Bemerkung. Österreich ist ein kleines
Land und ein Prozeß wegen übler Nachrede gegen einen österreichischen
Journalisten erregt viel weniger Aufsehen als der hier geschilderte
Fall. Und doch stand ich von 1995 bis 1998 als Angeklagter in drei
Prozessen vor österreichischen Gerichten.
Ich hatte Anfang 1995 eine Rezension unter dem Titel "Freiheitliches
Jahrbuch 1995 mit (Neo)Nazi-Tönen" veröffentlicht und einem Autor
vorgeworfen "die alte Nazi-Mär von der jüdischen Weltverschwörung
langatmig" aufgewärmt zu haben. Daher hatte ich beim Lesen des hier
besprochenen Buches oft das Gefühl ähnliches erlebt zu haben.
David Irving, der bereits 1983 das erste mal aus Österreich ausgewiesen
wurde, hatte den englischen Verlag Penguin Books UK und die
amerikanische Autorin Debora Lipstadt wegen "übler Nachrede" geklagt.
Der Kläger wehrte sich gegen das vor vier Jahren von der Expertin für
jüdische Studien an der Universität Atlanta veröffentlichte Buch "Das
Leugnen des Holocaust", in dem Lipstadt Irving beschuldigte, "ein
Adolf-Hitler-Partisan" zu sein, "der Scheuklappen trägt und Dokumente
verdreht und Fakten fälscht, um zu historisch unhaltbaren Schlüssen zu
kommen - besonders zu Schlüssen, die Hitler entlasten".
Der Londoner High Court hat Irvings Klage im Frühjahr abgewiesen, weil
Lipstadts Behauptungen eindeutig bewiesen wurden.
Nun ist im New Yorker Verlag Basic Books das Buch des von der
Verteidigung bestellten Gutachters, Prof. Richard J. Evans, erschienen,
der in Cambridge Zeitgeschichte lehrt und ein international anerkannter
Fachmann für moderne deutsche Geschichte ist. Das Buch "Lügen über
Hitler" ist eine grundlegende wissenschaftliche Arbeit über Irvings
Bemühungen Hitler zu entlasten und den Holocaust zu leugnen. Evans Buch
liest sich wie ein spannender Kriminalroman. Trotzdem es um ein äußerst
ernstes Thema geht, kommt manchmal ein trockener britischer Humor zum
Zug.
Das zentrale Thema des Buches ist nicht die Vergangenheit, sondern wie
Historiker zu ihren Ergebnissen kommen bzw. wie ein Pseudohistoriker die
Geschichte fälscht. Der Richter Charles Gray, der den Prozeß geführt
hat, hat das klar ausgedrückt: "Was hier Sache ist - man kann es nicht
oft genug sagen - ist Irvings Methode und Historiographie und nicht was
während der vierziger Jahre geschehen ist".
Einige Kommentatoren haben David Irvings Intelligenz gelobt, die ihn
angeblich gefährlich macht. Doch Evans fand es in den veröffentlichten
Arbeiten heraus: "Irving scheint oft von trivialen Details besessen zu
sein und ist nicht fähig den Wald vor lauter Bäumen zu sehen." Das hat
er wieder bei der Befragung von Prof. Evans klar gemacht.
Richard Rampton, Lipstadts Anwalt brachte es gleich zum Beginn der
Verhandlung auf den Punkt: "Herr Irving nennt sich einen Historiker. In
Wahrheit aber ist er gar kein Historiker, sondern ein
Geschichtsfälscher. Um es ganz direkt zu sagen: Er ist ein Lügner."
Ein zentrales Thema war die Art, wie Irving mit Dokumenten umgeht.
Mr. Irving: Sagen Sie dass ich diese falsch interpretiert und sie mit
Absicht verzerrt habe?
Prof. Evans: Ja, das ist meine Beweisführung. Sie wissen es gibt einen
Unterschied zwischen einer Nachlässigkeit, die im Ergebnis erscheint,
zum Beispiel wenn einer einfach ein schlampiger oder schlechter
Historiker ist, dann werden seine Fehler überall erscheinen. Sie werden
nicht einen Standpunkt unterstützen.... Auf der anderen Seite, wenn alle
Fehler in die selbe Richtung weisen um eine These zu unterstützen, dann
denke ich ist es nicht lediglich Schlamperei. Ich denke, das ist
absichtliche Manipulation und Irreführung."
Immer wieder wurden auch von seriösen Kommentatoren der Verlag und
Lipstadt für diesen Prozeß verantwortlich gemacht. Es war aber David
Irving, der die Debatte über seine schändliche Geschichtsfälschung durch
eine Klage bei Gericht beenden wollte. Nun hat er in einem Urteil von
mehr als dreihundert Seiten bestätigt bekommen, ein Antisemit, ein
Holocaustleugner und ein Geschichtsfälscher zu sein.
Prof. Evans und andere Sachverständige konnten dies eindeutig im Gericht
beweisen.
Hoffentlich wird Evans geistreiches Buch ins Deutsche übertragen, damit
es auch ein breiteres Publikum in Europa lesen kann.
haGalil onLine 18-06-2001 |