Von Karl Pfeifer
Zwei junge österreichische AutorInnen, Mary Kreutzer und
Thomas Schmidinger, bereisten rund um den 11. September 2001
einige Monate lang die mittelamerikanischen Länder Guatemala und
El Salvador und entwickelten aus ihren Gesprächen und
Begegnungen ein Reisebuch, in dem nicht nur die Geschichte der
von Bürgerkriegen gebeutelten Ländern gestreift, sondern vor
allem kritisch bezug genommen wird auf den Antisemitismus, der
nach dem 9/11 wieder im Aufflammen begriffen ist, den oft
unreflektierten Antiamerikanismus breiter Teile der Linken,
sowie Nationalismus und Staatsfetischismus.
Idel Luchs, eine deutsche Jüdin, die 1939 der Shoah durch ihre
Flucht nach Guatemala entkommen konnte, erzählt im Buch ihre
erste schmerzliche Erfahrung mit Antisemitismus als sie noch ein
Schulmädchen in Kiel war. Auch Max Trachtenberg, ein 1923 in
Wien geborener Jude, der erst nach der Shoah nach Guatemala zu
seinem Onkel kam, erzählt seine Geschichte: Seine Mutter und
sein jüngster Bruder wurden 1943 in Treblinka - sein Vater
sieben Tage vor der Befreiung Nordhausens - ermordet. Max und
sein Bruder überlebten Shenyisov, Skarzysko Kamienna, Piotrkow
Kujawski, Czestochowa, Buchenwald, Mittelbau-Dora und
Bergen-Belsen. Durch einen Gehirnschlag vermischt er sieben
Sprachen miteinander, aber die Verständigung mit den den
AutorInnen funktionierte. Er erzählt seine Geschichte "Mein
Leben war schön, bis ich 16 wurde..."
Das Buch streift auch das Kapitel der österreichischen und
deutschen Nazis in Guatemala. Sie gründeten die NSDAP-AO und die
Hitler-Jugend an der Deutschen Schule in den 1930ern. Eine
"Deutsche Zeitung für Guatemala und das übrige Mittelamerika"
warb für ihre Ideen. NS-Aufmärsche fanden in den Straßen des vom
Hitler-Bewunderer Ubico regierten Land statt. Erst 1944 musste
Ubico kurz vor seinem Sturz dem Druck der USA nachgeben, die
deutschen Nazis in Guatemala in die USA deportieren und ihren
Grundbesitz einziehen lassen. Viele von ihnen erhielten jedoch
später Teile der beschlagnahmten Güter zurück.
Die 53 Kurzgeschichten des Buches werden nicht nur durch
Infokästen mit Basisinformationen und Fotos ergänzt, sondern
auch mit den Bildern des guatemaltekischen Karikaturisten
"Camoch", der als Sohn eines 1980 vom Regime ermordeten
kommunistischen Rechtsanwalts, sich heute mit dem eigenen
Anti-US-Amerikanismus auseinandersetzt.
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Niederlagen des Friedens.
Gespräche und Begegnungen in Guatemala und El Salvador
Von Mary Kreutzer und Thomas Schmidinger, Mit Karikaturen von
Camoch
Edition Wahler, 15 Euro, ISBN: 3-9808498-0-5Im Buchhandel und
über www.buchhandel.de
erhältlich.
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