Münchner Marienplatz:
Frieden und Antisemitismus
Max Brym
Auf dem Marienplatz in München steht ein Zelt. Im Zelt
wird Material angeboten und Tische und Bänke, um zu diskutieren. Die
Betreiber des Zeltes wollen eine permanente Aktion gegen den Krieg am
Golf durchführen.
Betreiber sind Gruppen wie Attac, DKP, Linksruck und
diverse Friedensinitativen. Das Zelt ist nach außen mit Parolen wie
"Kein Blut für Öl", "Kein Krieg" oder "Stoppt den Krieg" versehen. Im
Zelt und auf dem Marienplatz sitzen viele Schüler und zeichnen für den
Frieden.
Debatten
Auf dem Platz tummeln sich neben Touristen altbekannte Berufsdiskutanten,
vor allem aus dem braunen und nazistischen Lager. Lautstark wird die
Propaganda der "Linken" wiederholt und auf die Amerikaner und Zionisten
eingedroschen. Die älteren Jahrgänge aus DKP und Linksruck lassen sie
ungehindert gewähren. Vielleicht auch deshalb weil die Parolen
oberflächlich betrachtet gleich sind.
Ständig wird vom amerikanischen Kapital und seinen schnöden
Profitinteressen gesprochen. Wer auf das deutsche Kapital und seine
Giftgasgeschäfte mit Saddam verweist, wird von den getarnten Nazis und
den offenen Nazis sofort als zionistischer Agent attackiert. Oft wird
dann die Sau herausgelassen und vom jüdischen Kapital sowie der
dominierenden Rolle des "Weltjudentums" gelabert. Diese Leute haben rund
um das Zelt am Marienplatz die verbale Lufthoheit, während im Zelt Leute
von Attac und DKP ihre Theorien über den globalisierten Kapitalismus zum
Besten geben.
Menschen jüdischer Abstammung die sich in den Diskussionsrunden vor dem
Zelt zu Wort melden wird sofort von den versammelten faschistischen
Berufsdiskutierern das Wort abgeschnitten. Sie werden bedroht und grob
attackiert. Die Leute im Zelt scheint das entweder nicht zu kümmern oder
sie betrachten sich selbst als Vorhut einer angeblich nur
fortschrittlichen Bewegung. Dieses Wunschdenken, sowie die
oberflächliche Analyse des Krieges gegen den Irak, macht blind gegenüber
Nationalismus und Antisemitismus.
Eine reale Erfahrung
Die Attacken gegen Juden ist keine Erfindung. Vor den antisemitischen
Ausfällen am Marienplatz stritten sich drei deutsche Juden, die sich in
dem unangenehmen Umfeld als solche zu Erkennen gaben, über das momentane
Kriegsgeschehen. Der eine war offen für Bush, der andere sowohl gegen
Bush als auch gegen Saddam und ebenso gegen die Politik der deutschen
Bundesregierung, der dritte konnte sich nicht recht festlegen. Danach
wurden alle drei offen antisemitisch angegriffen. Der Nazimob vor dem
Zelt schrie auf alle drei ein und machte sie zum Bestandteil einer
"miesen zionistischen Lobby". Auch körperlich wurden die drei bedroht.
Ein hinzukommender bürgerlich-deutscher Mittelstandstyp beteiligte sich
umgehend an den verbalen Angriffen auf die drei. Es wurde über Friedman
und Sharon antisemitisch hergezogen und dem "tapferen" deutschen Recken
Möllemann gehuldigt.
Im Café
Nach dieser Erfahrung eilten die drei deutschen Juden in das nächste
Kaffeehaus, um über die Ereignisse zu sprechen. Dabei tauchte die Frage
auf, warum diese Friedensbewegung Nazis und Antisemiten anzieht. Als
Ergebnis wurde festgehalten:
1. In weiten Teilen der Friedensbewegung wird nur der Krieg der USA
verurteilt.
2. Viele kritisieren nicht das Saddam-Regime, dessen Verbrechen wurden und
werden ignoriert.
3. Die deutsche Militärpolitik mit ihrer neuen offensiven Umrüstung zur
weltweit operierenden Eingreiftruppe wird von vielen nicht wahrgenommen.
Es gibt demzufolge in Teilen der Friedensbewegung einen deutschnationalen
Kurs der mit einem kruden "Antiimperialismus" und Antizionismus
unterlegt ist.
hagalil.com
27-03-03 |